Wie nimmt das Hirn unser Essen wahr?
Der experimentelle Psychologe Charles Spence, der im britischen Oxford lehrt, beschäftigt sich mit derartigen Phänomenen. Seit einigen Jahren rückt das noch junge Forschungsfeld Neurogastronomie zunehmend in den Blickpunkt. Damit sind nicht neue Entwicklungen in der Szene-Gastronomie gemeint. Sondern wie sehr unsere Sinnesreize an der Entwicklung von Geschmack beteiligt sind. In der Neurogastronomie wird erforscht, wie das Geschmackssystem des Menschen funktioniert. "Alles, das wir essen oder trinken, wird über unsere Sinne verarbeitet", schreibt Spence im Buch "The Perfect Meal".
Geschmack aus dem Hirn
Und daher kommt dem Gehirn eine größere Rolle zu als dem klassischen Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmackssinn. Anders als wir glauben, entsteht Geschmack nicht auf der Zunge oder in der Nase, sondern im Gehirn. Dort werden die übermittelten Reize erst interpretiert.
So richtig zum multisensorischen Genuss wird eine Mahlzeit aber erst durch weitere Sinnesreize. Ob das Essen schmeckt, hängt zum Beispiel stark von der Präsentation ab. Hier kommen neben den gustatorischen auch übers Auge wahrgenommene Reize und haptische Faktoren zum Tragen. Neben der Tellerfarbe kann sogar das Besteck Einfluss aufs Essverhalten haben. Schottischen Hotelgästen etwa schmeckten ihre Mahlzeiten wesentlich besser, wenn sie schweres Besteck verwendeten.
Auch Hintergrundmusik beeinflusst unser Ess-Verhalten über den Gehörgang. In den Restaurants einer US-Kette für mexikanisches Fast Food wird zur Rush-Hour sogar flottere Musik gespielt als zu anderen Tageszeiten, damit die Gäste schneller essen.
Warum es schmeckt
Viele Vorlieben gehen allerdings schon bis auf die frühe Kindheit zurück. Forscher haben festgestellt: Wenn die Mutter während der Schwangerschaft Karottensaft bevorzugte, mochte auch das Baby diese Geschmacksrichtung besonders.
Lieblingsgeschmäcker sind allerdings kein Zufallsprodukt, sondern entstehen gezielt, abgesehen von angeborenen Vorlieben für Süßes und Fettiges. Interessanterweise essen wir ansonsten genau jene Speisen gern, die wir oft essen – und nicht umgekehrt. An der Universität Kopenhagen beschäftigt sich der Physiker Per Møller mit Gewöhnungseffekten in der Ernährung. Er hat erforscht, warum sich Geschmäcker auch verändern können und fasst es so zusammen: "Wenn es etwas gibt, das unser Gehirn im Geschmack sucht, dann sind es Neuigkeiten."
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