Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Zeit nehmen fürs Eis schlecken maximiert die Sinnesfreude
Welche Newcomer und Quereinsteiger derzeit die Eissalon-Szene aufmischen – Experimente inklusive. Wie etwa hippe Gemüse-Kreationen.

Ein Stanitzel Eis geht eigentlich immer. Vielleicht erklärt das, warum noch immer jeder neue Eis-Salon genügend Kundschaft findet. Egal, ob das alteingesessene Italiener sind oder kreative Quereinsteiger. Auch wenn die Lieblingssorten der Österreicher seit Jahren unverändert Vanille, Erdbeere, Schokolade und überraschenderweise Pistazie heißen, ist dieses klassische Spektrum zu wenig, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Eismacher von heute sind vor allem experimentierfreudig. Und da ist noch einiges drinnen. Gemüse zum Beispiel.

Damit ist nach Frozen Yoghurt, veganem Eis sowie Basilikum- oder Rosmarinsorbet die nächste Etappe eingeleitet. Vielleicht war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der aktuelle Gemüse-Trend auch an der Eistheke fortsetzt. Und wie, wenn nicht in Form von Eis könnte man so Spinat, Kohl und Co. zu so ungewöhnlichen Auftritten verhelfen.

"Green Smoothie" am Stiel

International ist das Thema Gemüse-Eis schon länger bekannt. In den USA vermarktet etwa Dee Ann Bauer von South Carolina aus ihre "Green Wave Smoothie Pops" als "gesunden Snack und Dessert Alternative". Dieses "Gemüse am Stiel" ist im Grunde nichts anderes als ein gefrorener Smoothie aus grünem Gemüse. Dass sich eine Sorte "Kalelicious" nennt, überrascht nicht. Grünkohl (engl. kale) gilt in den USA derzeit als das Trendgemüse schlechthin. Sogar namhafte Eishersteller wie etwa Häagen Dazs experimentieren schon mit Gemüse-Eis. Im Vorjahr wurden für den japanischen Markt zwei neue Sorten als "limited edition" lanciert. Eine kombinierte Karotte mit Orange, die andere Tomate mit Kirsche. Dass große heimische Herstellerfirmen da nachziehen, ist derzeit eher nicht zu erwarten. "Für den Handel ist das wahrscheinlich eher schwierig zu lancieren", sagt eine Häagen Dazs-Sprecherin.

Kleine Salons, große Kreativität

Eis-Trends: Grünkohl am Stiel
Kleine Produzenten oder Salons haben es dabei leichter. "Bei der Eisherstellung geht es ganz stark um Kreativität. Eis ist so ein tolles Produkt", schwärmt etwa Philipp Blihall, der mit seinem Kompagnon Luciano Raimondi gerade die erste Saison ihres Eissalon "Schelato" (Lerchenfelderstraße 34, 1080 Wien) in der Josefstadt bestreitet. Nach zahlreichen privaten Versuchen leben sie nun ihre Vorliebe für überraschende Kombinationen im größeren Stil aus. Da wird dann je nach Verfügbarkeit schon mal cremiges Avocado-Eis angeboten. Oder Gurkeneis, das Blihall als "fantastisch erfrischend und an Melone erinnernd" beschreibt. Demnächst wird auch Sellerie den Weg in die Vitrine finden. "Die wenigsten glauben, dass sich damit Eis machen lässt, das auch wirklich schmeckt."
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel
Veganista
Die beiden Newcomer profitieren von Trends der vergangenen Jahre. Da haben etwa Susanna Paller und Cecilia Havmöller mitgemischt. Die Schwestern eröffneten vor zwei Jahren den veganen Eissalon "Veganista"(Neustiftgasse 23, 1070 Wien und Margaretenstraße 51., 1050 Wien). Das Eis auf Basis von Soja-, Reis- oder Kokosmilch schmeckt nicht nur Veganern. Die Kundenmehrheit ernähre sich nicht ausschließlich vegan. "Aber sie probiert gerne Neues aus, auch wenn manche unserer Sorten sehr speziell sind." Derzeit etwa Vanille mit Yuzu, einer trendigen japanischen Zitrusfrucht, oder Wasabi-Eis.

Inspiriert werden die Schwestern noch immer ständig im Alltag. "Wenn ich irgendwo etwas in Pink sehe, überlege ich automatisch, wie ich die Farbe hinkriegen könnte", sagt Susanna. Der aktuelle Gemüse-Boom ist auch bei ihr bemerkbar. Das Experiment "Green Number One", sozusagen ein grüner Smoothie als Eis mit Spinat und Avocado, kam gut an. Heuer kommen auf jeden Fall noch Kreationen mit Karotte und japanischen Azuki-Bohnen ins Geschäft.

Gemüse-Sorten kommen Carsten Eikhoff, eher nicht in die Vitrine. Er bleibt in seiner "Ice Dream Factory" (Burggasse 68, 1070 Wien) lieber dem amerikanisch-üppigen Style treu und peppt seine süß-cremigen Sorten mit Brownies, Erdnussbutter und speziellen Toppings auf. Privat experimentiere er aber durchaus gerne. "Gemüse-Eis passt wunderbar als Zwischengang bei einem feinen Menü." Ob im Stanitzel oder als Zwischengang – gewöhnungsbedürftig ist es allemal für mitteleuropäische Gaumen. Und so hört "Veganista"-Chefin Susanna Paller auch öfters Kommentare wie "Gurken hab ich doch lieber im Salat."

Und diese Eissalons schmecken uns besonders:

Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

GelateriaValentino
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Gregors
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

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Gelati Da Salvo
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Eisgreißler
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

"Tichy"-Eis
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Bortolotti Baumgasse
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Bortolotti Gänsehaufl
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Polly's
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Daniel
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Rocco
Eis-Trends: Grünkohl am Stiel

Enrico

Was macht gutes Eis aus? Natürlich die Zutaten. Und der natürliche Geschmack. Das betonen alle Eis-Produzenten unisono. Damit Fruchteis tatsächlich nach Frucht schmeckt, ist etwa ein hoher Fruchtanteil wichtig. Laut Gesetz darf nämlich Fruchteis nur so heißen, wenn der Fruchtanteil mindestens 20 Prozent beträgt. Carsten Eikhoff betont, dass in seiner „Ice Dream Factory“ ca. 50 Prozent Früchte in die Mischung kommen. „Das schmeckt man.“
Ähnlich sehen es Philipp Blihall und Luciano Raimondo vom Salon „Schelato“. „Geschmack ist ein Kulturgut, das man pflegen muss.“ Daher beziehen sie die Zitronen für ihr Zitroneneis von einem Importeur ihres Vertrauens und pressen sie selbst aus. „Das ist unglaublich mühsam, aber die beste Methode.“

Vom Himmel fallen Eis-Meister nicht, schon gar nicht als Quereinsteiger. „Im Eissalon geht’s um andere Dimensionen, daheim hat man nur ein kleines Kasterl von einer Eismaschine“, betonen Philipp Blihall und Luciano Raimondi von „Schelato“. Und erst das Kreieren der Rezepte! Versuchen – und aus den Fehlern lernen: Das gehört zum Geschäft. Raimondi: „Lange Lehrjahre bei einem eingesessenen Italiener hätten nichts gebracht. Eingibt kein Rezept für Avocadoeis, da muss man einfach ausprobieren, bis es passt.“

Für den Erfolg etlicher Neo-Eismacher spricht zudem ihr möglichst transparenter Zugang. Theoretisch kann man schließlich industriell produziertes Pulver mit Wasser oder Milch zu Eis verrühren. „Immer mehr Menschen wollen heute wissen, woher ihr Essen und die Rohstoffe kommen“, sagt „VeganistaSusanna Paller. Und Carsten Eikhoff resümiert: „Die Kunden schätzen wieder hochwertige Handarbeit.“

Die Herstellung von Speiseeis war vermutlich schon im alten China vor 3000 Jahren bekannt und auch die Römer genossen gerne eisgekühlte Speisen und Getränke. Lange Zeit wurde ausschließlich Schnee zur Kühlung verwendet. Erst die Entdeckung, dass Salz die Temperatur von angetautem Schnee oder Eis absenkt, ermöglichte die Herstellung von Eiscreme. Das war bereits im 13. Jahrhundert in der arabischen Welt bekannt und kam nach Italien, wo Rezepte von Eis-Speisen aus gefrorenen Früchten aus dem 17. Jahrhundert datieren.

Doch bis zur Erfindung der Eismaschine Mitte des 19. Jahrhunderts war die Eisherstellung mühsam und gelang nur in kleinen Mengen. Im Grunde basiert die heutige Eisherstellung auf den selben Prinzipien. Beim Einfrieren entstehen Eiskristalle. Durch stetiges Umrühren der Masse bleiben sie klein und sorgen mit den in der Mischung eingeschlossenen Luftbläschen für die Cremigkeit des Eises. Bei Silvio Molin-Pradel, in dessen Wiener Eissalon am Schwedenplatz täglich rund 140 Sorten angeboten werden, läuft der Herstellungsprozess naturgemäß anders ab, als mit einer kleinen Eismaschine zu Hause. Zuerst werden die Hauptzutaten im Kochkessel auf 85°C erhitzt. Dabei werden unnötige Bakterien ausgeschaltet. Danach kommt die Masse in den Homogenisator, was Molin Pradel so beschreibt: „Dort werden die Eismoleküle in die richtige Reihenfolge gebracht und verkleinert.“ Die Erfindung dieses Verfahrens im Jahr 1899 hatte die Qualität von Eisprodukten stark verbessert. Heute wird bei Molin-Pradel vor der richtigen Frierphase wird die Masse auf 4 Grad Celsius abgekühlt und je nach Sorte mit frischen Zutaten vermischt.

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