Ein Haubenkoch, der sich vegan ernährt
Er ist der einzige Haubenkoch des Landes, der sich privat ausschließlich vegan ernährt. In weniger als zwei Wochen steht Siegfried Kröpfl dem vor – "Wiens höchstem Restaurant, das Mitte Februar im neu gebauten DC Tower eröffnet. Anfangs amüsierte sich das berufliche Umfeld über die neue Lebenseinstellung des gebürtigen Tirolers. Seit sein veganes Kochbuch "Wir kochen vegan" vom Buchmarkt freudig angenommen wurde, gibt es hingegen anerkennendes Lob. Im Interview mit dem KURIER spricht der 55-Jährige über sein veganes Leben:
Siegfried Kröpfl:Es war komisch und ein schwieriger Lernprozess. Wie die Töchter klein waren, haben wir oft große Essen für Freunde veranstaltet und große Menüs gekocht. Wir haben uns richtig ausgetobt: Anfangs haben wir immer auf die Tochter vergessen und sie hat halt die Beilagen und die Salate gegessen – das war sehr lausig und fad. Irgendwann wollte auch unsere ältere Tochter Sandra weniger Fleisch und dann auch die Frau – nur noch ich hab das Fleisch am Sonntag gegessen. Also haben wir unsere Menüs umgestellt, denn mit der Zeit hat es mir auch nicht mehr geschmeckt.
Damals noch ungewöhnlich...
Stimmt, es war die Zeit der Hummer und der Gänseleber. Wir haben so tolle Bauern und Züchter in Österreich. Warum nicht unsere eigenen Produkte in den Mittelpunkt stellen? Wenn ein Tourist nach Wien kommt, dann will er ein Schnitzel und einen Kaiserschmarren. Wir müssen uns mehr Gedanken um die Qualität machen: Auch im Haushalt sollte nicht immer der Preis zählen, sondern wo die Produkte herkommen. Ganze Generationen wissen nicht mehr, wie manche Lebensmittel schmecken.
Ja, als meine Tochter von der Vegetarierin zur Veganerin wurde, hab ich es dann auch ausprobiert. Ich habe in kürzester Zeit sehr viel abgenommen. Die vegane Ernährungsumstellung hat mir gut getan: Ich fühle mich einfach besser. Ich genieße auch sehr: Ich muss ja nicht so aussehen, wie der Attila Hildmann in Deutschland(Anm.: deutscher Bestseller-Autor, siehe links). Die Umstellung ist jetzt 1,5 Jahre her. Dann hatte ich die Idee mit dem Kochbuch: um den größten Teil des Buches hat sich meine Tochter gekümmert, ich hab die Gerichte für die Bilder umgesetzt.
Was gefällt Ihnen so sehr an der veganen Ernährung?
Man kann viele Zutaten weglassen, die man für das Gericht gar nicht braucht. Dadurch erspart man sich auch Zeit.
Geht es darum, die Welt zu retten?
Dazu müsste die Welt zuerst einmal untergehen. Mir geht es besser, wenn ich vegan esse. Ich bin gegen Massentierhaltung und gegen die mangelnde Wertschätzung des Produkts gegenüber.
Als Nicht-Veganerin frage ich mich, warum ich die Frittatensuppe vegan kochen soll, wenn das Original doch schon super schmeckt.
Mir geht es um die Tierhaltung und die Nachhaltigkeit. In der Firma muss ich natürlich mit Fleisch, Milchprodukten und Eiern kochen, aber ich persönlich kann gut ohne diese Zutaten leben. Es gibt gut schmeckende Alternativen – ich muss nicht verzichten. Man darf jedoch nicht ein veganes Schnitzel mit einem Schweinsschnitzel vergleichen. Natürlich schmeckt es anders.
Warum dann überhaupt veganes Schnitzel oder Gulasch schreiben, wenn es gar nicht so schmeckt?
Berechtigte Frage, aber es handelt sich um einen Erziehungsprozess. In zehn Jahren schaut es ganz anders aus.
Relativ einfach ist es, Kuhmilch beim Kochen wegzulassen und auf Lactose freie Milch oder auf Sojamilch zurückzugreifen. Aber beim Backen auf Eier zu verzichten, ist doch nicht ganz so einfach, oder?
Doch! Es gibt einen Eidotter-Ersatz oder einen Eiweiß-Ersatz. Aber ganz ehrlich: Man braucht bei Mehlspeisen keine Eier. Es wird ja auch Brot ohne Eier gebacken. Es hat mit der Erziehung zu tun: Im Überfluss hatte man viele Eier und viel Butter zur Verfügung und dachte sich irgendwann, es schmeckt nur damit. Das ist nicht wahr: Ich brauche für den Kuchen nicht zehn Eier, zum Aufgehen reicht ein bisschen Backpulver. Es gibt ja auch einen Öl-Guglhupf, der vegan ist und jedem schmeckt. Jedes Rezept in unserem Kochbuch funktioniert – jeder sieht, dass es funktioniert.
Wie haben Ihre Koch-Kollegen auf Ihre neue Lebensweise reagiert?
Die haben gedacht, ich spinne und haben den Kopf geschüttelt. Diejenigen, die am meisten dagegen waren, waren jene, die sich am meisten dafür interessiert haben. Die Neugierde packt jeden! Viele Nachbarn und Bekannte haben uns auch Essen vorbeigebracht und uns gefragt, ob sie eh alles richtig nachgekocht haben. Irre! Wir bekommen so viel Feedback von Menschen, die auf ihre Gesundheit schauen wollen. Viele glauben, es handelt sich bei Veganern um ehemalige Vegetarier oder um Birkenschuhträger. Nein, es zieht viel größere Kreise. Wie ein Virus stecken wir unsere Umgebung an. Alle wollen von uns Tipps.
Wir auch: Ihre veganen Lieblingsrezepte?
Geschnetzeltes (Anm.: Rezept siehe unten) geht super schnell und niemand merkt, dass es ohne Fleisch ist. Ich bin ein Süßspeisen-Freak: Schnell funktionieren Strudel-Gerichte wie ein Apfelstrudel. In unserem Kochbuch haben wir das schnellste Schokoladen-Mousse dedr Welt. Zwei Minuten und es schmeckt super! Und auch hier traue ich mich wetten: Niemand wird einen Unterschied schmecken!
Buchtipp: "Wir kochen vegan", Hubert Krenn Verlag, 19,95 Euro
Aus dem Kochbuch "Wir kochen vegan":
Schnetzel mit heißer Gemüsesuppe übergießen, 10 Minuten einweichen und dann ausdrücken. Zwiebel fein schneiden und in Olivenöl kurz anbraten. Geschnittene Champignons beigeben und kurz durchrösten lassen. Nun mit Weißwein ablöschen und mit Gemüsesuppe aufgießen. Etwas einkochen lassen. Mit Sojaobers vollenden, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Die Schnetzel mit Olivenöl scharf anbraten und zur Sauce geben. Gehackte Petersilie darüber streuen.
Der KURIER hat nachgekocht:
Das vegane Geschnetzelte kommt einem mit Fleisch tatsächlich nahe. Sojaschnetzel haben eine erstaunlich feste Konsistenz, allerdings schmecken sie süßlich. Mit einer zusätzlichen Prise Salz und Pfeffer lässt sich das leicht ausgleichen. Wir sind dennoch der Meinung, dass man dieses vegane Geschnetzelte auf keinen Fall mit einem fleischigen vergleichen darf, sonst wird man enttäuscht.
Österreichs erster veganer Supermarkt, Maran Vegan, eröffnete 2013 in Wien-Mariahilf. Auf 400 Quadratmetern inklusive veganem Bistro bieten Stefan und Josefine Maran rund 4.000 Produkte an, die ohne tierische Bestandteile wie Milch, Ei und Fleisch produziert werden. Das Bistro wird von Margit und André Stolzlechner, bekannt vom vegetarischen Restaurant Hollerei, betrieben.
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