Chilis: Scharfe Schoten zum Schwitzen
Bei Erich Stekovics’ Verkostungsrunden geht es zu wie am Seziertisch. Da werden Chilis mit Messern scharf wie Skalpelle fein säuberlich zerteilt, bevor vorsichtig die dünnen Trennwände im Inneren sowie die Samen herausgetrennt werden. "Nur so sind die unterschiedlichen Aromastoffe spürbar", erklärt er. Denn wer meint, Chilis seien ausschließlich scharf, wird in Stekovics’ Verkostungsraum auf seinem Hof im Südburgenland eines Besseren belehrt.
Und die Fans der scharfen Schoten nehmen zu. Anteil daran hat unsere mobile Gesellschaft, in der man sich im Urlaub durch exotische Küchen in Asien oder Amerika kostet und diesen Geschmack zuhause nicht mehr missen will.
Was Sie über Chilis sicher nicht wissen
Riesige, bunte Vielfalt
Die Vielfalt ist beinahe unüberschaubar. Zum Thema Chili wird mitunter abendfüllend diskutiert. Etwa über einzelne Nuancen der Schärfegrade auf der Skala nach Scoville. Oder über diverse Geschmacksnoten. Erich Stekovics Lieblingschili – ein Habanero namens "Billy Goat" – zeichnet sich etwa durch "intensiven Geschmack nach Holunderblüten" aus. "Bolivian Rainbow" besticht dafür mit "saftigem Geschmack und Haselnussaroma".
Süßer Paprika
Bis in die 1950er-Jahre wiesen praktisch alle europäischen Paprika Schärfe auf. Ungarn gelang es, sie wegzuzüchten. Die Folge: Paprika ist für uns die Supermarkt-Einheitsware im Tricolore-Pack. Stekovics Familie züchtet Chilis und Paprika seit Jahrzehnten, sie machen 60 Prozent des Umsatzes aus. Das überrascht, denn bekannt wurde Erich Stekovics durch seine Paradeiservielfalt. Seine erste Liebe gehörte aber den Chilis. Ihre Eigenschaften machen den Genuss zur Sucht: "Wenn man einmal anfängt, steigert man immer die Dosis." Der für die Schärfe verantwortliche Inhaltsstoff Capsaicin gaukelt dem Gehirn eine Verbrennung vor. Es schüttet Glückshormone aus, um den Organismus zu beruhigen. Das ist auch der Grund, warum man beim Chili-Verzehr schwitzt: Der Körper will die Verbrennung kühlen.
Auf die Gesundheit
Die scharfen Schoten haben noch weitere gesundheitliche Vorzüge. Capsaicin wird in Salben oder Pflastern gegen lokale (Muskel)-Schmerzen eingesetzt. Die Substanz dürfte einen Schmerz-Botenstoff hemmen und die Durchblutung anregen. Eine weitere Studie aus den USA zeigte, dass Capsaicin ein Neuropeptin enthält, das in Zusammenhang mit Entzündungen steht und positiv bei rheumatoiden Erkrankungen wirkt. Es kann offenbar auch ein bestimmtes Plasma-Protein verändern. Das macht es für die Demenz-Forschung interessant.
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