Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – das war einmal. Die BrauereiOttakringer bewies vergangenen Sommer den richtigten Riecher, als sie den jungen Brauer Martin Simion engagierte. Dieser hat eine Zeitlang für die dänische Brauerei Fanø Bryghus gearbeitet, die für das bekannte Restaurant Noma das Bier braut. Das Motto seiner Kreativbier-Braustätte Brauwerk lautet "Brewes with love and music". Im Alltag setzt Brauwerk das Motto eng in Zusammenarbeit mit Musikern und Konzertveranstaltern um: So versuchten sich die österreichischen Vertreter für den "Eurovision Song Contest", The Makemakes, mithilfe von Simion als Bierbrauer. Das Bier wird dann bei der "Welcome to Austria"-Party am 17. Mai im "Euro Club" ausgeschenkt.
Rund 1,5 Millionen Euro investierte Ottakringer in die hippe Braustätte, die sich am Vorhof des Geländes befindet. Die dort kreierten Craftbiere sollen übrigens im RestaurantYppenplatz 4, das in der ersten Mai-Woche eröffnet, gastronomisch in Szene gesetzt werden. Einkalkuliert war zum Start ein Absatz von 1.500 Hektoliter Craft Beer pro Jahr. Zum Vergleich: Die Mutter-Brauerei setzt 550.000 Hektoliter im Jahr mit Mainstream-Bier ab.
Der Traum vom selbst gebrauten Bier
Genauso wie dieThird Wave Coffeeshop-Bewegungwill Brauer Simion den Konsumenten die unterschiedlichen Nuancen und Stilistiken näher bringen. Alle zwei Monate bietet der Oberösterreicher ein Seminar an, das Interessierten die Braukunst anschaulich erklärt – und zwar einen ganzen Tag lang. Beim KURIER-Besuch sind die fünf Teilnehmer am frühen Morgen recht aufgeregt und freuen sich auf die Besichtigung und die Einführung in das Brauen.
Gleich zu Beginn heißt es Sackerl schleppen: Im Sudhaus sucht sich die Truppe ein Spezialmalz aus – der jungen Ernährungswissenschafterin, im Hauptberuf in einem Käse-Geschäft tätig, ist der 25-Kilo-Sack zu schwer. Auch die anderen Teilnehmer kichern: Das Sackl aufzuschneiden, ist nicht so leicht wie gedacht. Der junge Student, dessen Vater eben eigene Tanks in Italien gekauft hat und nun in seinem Keller Bier brauen möchte, fragt den Braumeister nach Tipps und Tricks. Und erbettelt frische Brauhefe.(Lesen Sie den Artikel unter der Bildergalerie weiter.)
Die Grundregel lautet "frühe Gaben für die Bittere und späte Gaben fürs Aroma". Nun geht es ans Kochen. Im Sudhaus steigt die Hitze, die Teilnehmer entledigen sich der Pullis – jugendfrei versteht sich. Bis das frische Bier fertig ist, wird es früher Abend sein. Zu Mittag gehen die Kursteilnehmer gemeinsam essen, und man darf es ruhig verraten: Zwischendurch gibt es so manches Bier zum Verkosten, schließlich ist es ja auch ziemlich heiß.
Drei Biere hat das Brauwerk fix im Programm: Blonde, IPA und ein Porter. Am spannendsten ist für die Teilnehmer das Verkosten der unterschiedlichen Braustufen. Anfangs noch eine extrem süße, unfiltrierte dicke Suppe, dann immer heller und hopfiger, bis ein spritziges, hopfiges Helles aus dem Tank fließt.
Der Boom von Craft Beer
In den USA haben kleine Brauereien bereits einen Marktanteil von rund zehn Prozent. Von einer Abkehr vom Massengeschmack lässt sich in Österreich jedoch (noch) nicht sprechen, der Trend scheint aber endgültig angekommen zu sein. (Lesen Sie den Artikel unter der Bildergalerie weiter.)
Newly-labelled bottles of Strongbow Gold cider are
Letztlich geht es nicht um Brauereigröße und Ausstoß, sondern um das Brauhandwerk: Das Österreichische Lebensmittelbuch ist bereits um die Kategorie "Kreativbiere" erweitert worden. Dabei handelt es sich um Biere, die mit außergewöhnlichen Rohstoffen oder besonderer Herstellungsart gebraut werden, wobei der Basischarakter noch immer Bier ist. In der Praxis bedeutet das, dass Brauer mit alten Rezepten oder mit alternativen Rohstoffen wie Dinkel, Emmer, Champagner-Hefe und Hopfen-Raritäten experimentieren oder das Bier besonders lange lagern, unter anderem in Barriquefässern. Vor allem junge Biertrinker finden Gefallen an den ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen und dem hipperen Auftreten der Kreativ-Brauszene.
Die nächsten Brautag-Termine: Samstag, 23. Mai 2015, Samstag, 11. Juli 2015
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