Wer hat an der Uhr gedreht? Christian Hofer – vermutlich. Schaut man dem Linzer über die Schulter, kommt einem prompt der Titelsong der legendären 70er-Jahre-Comicserie „Pink Panther“ in den Sinn. Denn Hofer tut genau das: Er schraubt an Uhren. Ein Uhrmacher also? Möchte man meinen. In Wahrheit macht der Oberösterreicher mit Uhriginell geradewegs das Gegenteil. Er nimmt sie auseinander.
Hofer zerlegt alte, nicht mehr funktionstüchtige Werke in ihre Einzelteile, reinigt sie, glättet die Kanten und macht daraus charmanten Schmuck. Wie kommt man bloß auf so eine Idee? Wir haben taktvoll nachgefragt. Die Inspiration, aus Uhrwerken Schmuckstücke zu machen, kam dem gelernten Schlosser während einer Weltreise.
Arbeitet ein bisschen wie ein Archäologe. Christian Hofer legt die Schönheit eines Uhrwerks frei. Daraus entstehen dann Anhänger, Ringe, Ohrringe, Broschen und Armbänder und vieles mehr
Medaillon auf Basis eines amerikanischen Taschenuhrwerks. Hofer ästhetisiert es mit einer wunderschönen, mehrfarbigen Opal-Triplette aus Australien. Ca. 150 €
Die hat er sich nach seinem bestandenen Maschinenbaustudium gegönnt. „Auf einem Markt in Sydney hat man mir eine alte amerikanische Taschenuhr angeboten. Ein edles Stück mit unglaublich schöner Innengravur. Hat mich sofort begeistert. Gleichzeitig fand ich es schade, dass man das edle Innenleben nicht wirklich zu Gesicht bekommt“, erzählt Hofer.
Wochen später, und längst wieder daheim, hat der technikaffine Entwicklungsingenieur, dann einfach mal eine alte Uhr aufgeschraubt und hineingeschaut ... und da hat es Tick gemacht.
Christian Hofer, gelernter Schlosser und Maschinenbauingenieur, arbeitet heute mit feinmechanischem Werkzeug
Zeitgeschichte
„Die Mechanik alter Uhren ist beeindruckend. Die eingravierte Seriennummer gibt Aufschluss, in welcher Manufaktur ein Werk gefertigt wurde. Machart und verwendete Komponenten erzählen die Zeitgeschichte der Uhrenindustrie und zeugen von der hohen Kunst der Uhrmacherei“, sagt Hofer. Mit dem Öffnen der ersten Werke hat sich für ihn recht schnell – ohne den langen Umweg eines reinen Hobbys – eine neue berufliche Perspektive eröffnet: die des Schmuckdesigners, und das gleich mit dem eigenen Label „Uhriginell“.
Bis dahin war er als Schlosser und Maschinenbauingenieur eher grobmotorisch unterwegs. Früher mit großen Hämmern, Zangen, Schraubenziehern am Werk, bevorzugt Hofer heute diffizileres Arbeitsgerät: Augenlupe, Pinzetten, Schlüsselfeilen, feinmechanische Schraubenzieher und dergleichen.
Hier sind feinmotorische Fähigkeiten gefragt. Und ruhige Hände, auch Geduld. „Zum Glück habe ich beides“, sagt Hofer, lacht und taucht in seinem Linzer Atelier unter den Tisch. Ein Schräubchen hat sich verkrochen. ChristianHofer macht sich auf die Suche.
Wortwörtlich eine "Armbanduhr": mit einem Uhrwerk aus sowjetischer Erzeugung der Jahre 1950 bis 1970. Band aus schwarzem Rinderleder. 39 €
Recherche
Auf der Suche ist der Oberösterreicher auch dann, wenn es um die Beschaffung seiner Grundmaterialien geht – der Uhrwerke nämlich, „vorzugsweise solche aus alten Taschenuhren oder mechanischen Armbanduhren mit Handaufzug vor dem Jahr 1970“, sagt Hofer.
Tatsächlich verbringt er gut die Hälfte seiner Arbeitszeit damit, solche Werke aufzutreiben. Auf nationaler Ebene ist das schon recht schwierig geworden. „Daher sehe mich weltweit um. Bei Auktionen, Uhrmachern, Metallhändlern. Hinweise bekommt man auch auf diversen Uhrenforen“, sagt Hofer und hat sich über Jahre ein gutes Netzwerk aufgebaut.
Die Recherche, die mitunter detektivische Züge annimmt, kostet eine Menge Zeit, doch sie lohnt. ChristianHofer bemüht sich mit Blick auf seine Schmuckstücke verständlicherweise um besonderes schöne Uhrwerke - mit Gravuren, Ziselierungen oder Schliffen. Europäische Modelle sind, so der Eindruck des Designers, meist weniger verspielt, glänzen eher durch Klarheit und Schlichtheit. Im Vergleich dazu sind amerikanische Uhrwerke weitaus aufwendiger gestaltet und entzücken mit feinen, mitunter recht komplexen Gravuren.
In Qualitätsuhren hat man früher echte Rubine verwendet. Davon können in einem einzigen Werk gut 20 und mehr verarbeitet sein."
von Christian Hofer
Schmuckdesigner
Das älteste Uhrwerk, das Hofer je umfunktioniert hat, entstammte einer Taschenuhr, Baujahr – laut Gravur – 1887. „Solche Stücke bearbeitet man mit noch mehr Ehrfurcht und Respekt vor jenen Uhrmachern, die diese Werke einst akribisch zusammengebaut haben. Je nach Wertigkeit der Uhr wurde auch an echten Materialien nicht gespart. Dekorative Indizien dafür sind unter anderem die roten Punkte auf den Platinen, sogenannte Lagersteine. „In Qualitätsuhren hat man früher echte Rubine verwendet. Davon können in einem einzigen Werk gut 20 und mehr verarbeitet sein.“
Staunenswert sind noch viele andere Details, die ein Uhrwerk ausmachen: die feinen Zahnräder, der Aufzugsmechanismus, überhaupt die ganze Platine, Basis jedes Uhrwerks, an der viele Komponenten quasi „aufgehängt“ sind. Hofer holt alle diese versteckten Schönheiten hervor, stülpt sie quasi mit seinen Kreationen nach außen, macht sie sichtbar.
Mitunter veredelt er sie auch weiter, indem er sie mit Opalen oder Perlmutt verziert. Damit wertet er die ausgediente Mechanik optisch einmal mehr auf, was letztlich in Ringen, Ohrringen, Halsketten, Broschen, Manschettenknöpfen, auch Schlüsselanhängern, Brieföffnern gipfelt.
Wo die Zeit Zuhause ist: Das Wiener Uhrenmuseum ist ein Dorado für Uhrenfans.
Neuerdings fertigt ChristianHofer auch Uhrenbilder, die ausgesprochen detailfreudig sind. Jedes Schmuckstück, jedes Bild ist anders - jedes ein Unikat. Zu den mithin beliebtesten zählen Ohrringe, an denen, na klar, kleine Uhrwerke baumeln. Nicht minder gefragt sind die medaillonartigen Anhänger, die der Schmuckkünstler ebenfalls motivisch aufpeppt – mit Libellen, Eulen, Sternbildern, Blumen. Wer es noch eine Spur individueller mag, kann auch individuelle Wünsche in Auftrag geben oder auch die eigene, alte Uhr umarbeiten lassen. Zeitlos schön und „uhriginell“ ist das neue Stück auf jeden Fall.
Kommentare