Wirtschaftswunder Sex: Was steckt hinter dem Erfolg von Beate Uhse?

Mit 19 erwarb Uhse den Pilotenschein. Vorbild: Charles Lindbergh.
Heuer wäre die legendäre Unternehmerin 100 Jahre alt geworden – Zeit für eine kurze Reise in die Vergangenheit. Wie ging es in den 1950er- und 1960er Jahren wirklich zu?

"Schrift X“ hieß das erste Oeuvre von Beate Uhse – so begann die Erfolgsgeschichte der deutschen Unternehmerin. Sie ließ davon 2.000 Stück drucken sowie 10.000 Postwurfsendungen mit Bestellbescheinen für potenzielle Käuferinnen.

Damit traf sie das damalige Lebensgefühl der Frauen, die in Sachen „Fruchtbarkeitsberatung“ ratlos waren. Uhse erklärte auf verständliche Weise die Verhütungsmethode nach Knaus-Ogino. „Dieser Teil der Geschichte ist verantwortlich dafür, dass sie bis heute als Aufklärerin der Nation gilt – neben Oswalt Kolle, Erika Berger und später dem Dr. Sommer-Team der Bravo natürlich“, schreibt Autorin Katrin Rönicke in „Beate Uhse – ein Leben gegen Tabus“. Dies sei jedoch das Ergebnis eines gut erdachten Marketing-Narrativs – es war eher das Geld als Idealismus, der die findige Frau antrieb. Nicht schlimm: „Es war nur normal, dass die Menschen versuchten, sich und ihre Lieben so gut es ging über Wasser zu halten“, schreibt Rönicke. Am 25. Oktober jährte sich der Geburtstag der „Sex-Pionierin“, sie wäre 100 geworden.

Heftchen, Magazine, Filme wirbelten die gezähmte Libido auf, Skandale folgten. Hochglanz-Illustrierte namens Praline, Jasmin oder Quick zeigten   nackte Haut und scharfe Titel.

Spannend ist das moralisch-gesellschaftliche Timbre dieser Zeit. Man sprach damals von „Ehehygiene“, und nicht von Sex, das hatte mit Ekel, Wasser und Seife zu tun – und war auch der Ideologie des Nazideutschlands geschuldet. Was das bedeutete, verrät Google: „Von der Güte der geschlechtlichen Hygiene hängt das ganze Eheleben und das Schicksal der Nachkommen ab.“ Nach dem Krieg dann schrittweises Befreien. Die Wollust kam (heimlich), das Tabu blieb. Was Uhse in den 1950er und 60er-Jahren tat, firmierte immer noch unter dem Deckmäntelchen der „Ehehygiene“. Da ging’s in den Hinterzimmern längst schon rund – in ihrem Buch „Before Porn Was Legal“ zeichnet Elizabeth Heinemann die 1950er-Jahre als „freizügig-prüde“, sie mündeten schließlich im „Wirtschaftswunder Schlafzimmer“, gefolgt von der Sexwelle der 1960er und der „Pornowelle“ der 1970er. Heftchen, Magazine, Filme wirbeln die gezähmte Libido auf, Skandale folgen. Hochglanz-Illustrierte namens Praline, Jasmin oder Quick zeigen nackte Haut und scharfe Titel: „Die geheimen Sexträume der Deutschen“. Oswalt Kolle erklärt allen den Orgasmus (und schreibt für Beate Uhse), Sex wird massentauglich. In Österreich ziert man sich noch. 1966 berichtet das Magazin „Spiegel“: „Siebenmal zeigte „Revue“ in der elften Woche dieses Jahres den ,legendären Busen’ der Barbara Valentin. Gleich darauf hatte ,Revue’-Schwester „Quick“ dieselbe Oberweite im Blatt – auch siebenmal. Das war dem österreichischen Innenminister in Wien zu viel.

Anfang letzten Monats wurde der Kiosk- und Straßenhandel mit ,Quick’ und ,Revue’ in Österreich – zunächst für sechs Monate – verboten.“ Irgendwann war auch das gegessen, in Wien eröffnete das Pornokino „Rondell“, samt Bar mit „Oben-ohne-Service ab 27 Schilling“. Wie es weiterging, ist bekannt – die Pornoindustrie nützte alle technischen Neuerungen für sich. Im Juli 2001 verstarb Beate Uhse nach schwerer Krankheit, zu einem Reporter sagte sie einmal: „Ich bin eine Kämpferin, darum lebe ich noch.“ Im August dieses Jahres beantragt die Beate Uhse Versandhandel GmbH Insolvenz. Eine Weiterführung des Unternehmens sei nicht geplant, hieß es ebenfalls.

Duft der Lust. Mit Oktober beginnt wieder die Suche nach einem der teuersten Lebensmittel der Welt, der weißen Trüffel. Sie galt bereits in der Renaissance als Aphrodisiakum und wurde „Hoden der Erde“ genannt. Das liegt vor allem an ihrem Geruch: Die Edelpilze produzieren den Sexuallockstoff Androstenol, der Legende nach soll dieser erotisch anziehend wirken. Wissenschaftlich ist das aber nicht bewiesen.

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