Lieber Michael!

Es gab eine einzige Sache, die ich immer wollte in diesem komischen Beruf: Meine Kolumne in der freizeit.

Im Sommer 2005 hast du mich endlich gefragt: Ob ich mir vorstellen könne, in der eine Kolumne zu schreiben. Ob ich mir vorstellen könne! Es gab eine einzige Sache, die ich immer wollte in diesem komischen Beruf: Meine Kolumne in der freizeit. Ich ließ mir meine Freude nicht anmerken, wahrte professionelle Zurückhaltung, bat mir Bedenkzeit aus. Nach angemessenen 1,2 Sekunden sagte ich dann zu. Dir schwebte damals eine Kolumne über die Abenteuer eines urbanen Mannes im Großstadtdschungel vor, du meintest, alleine auf all den Premierenfeiern, auf die ich als Theaterkritiker ja ständig ginge, müsste ich genug erleben, um Hunderte Texte zu füllen. Ich verschwieg dir, dass ich in Wahrheit ein Kleinstadtstubenhocker bin, der im ganzen Leben noch nie auf einer Premierenfeier war und Angst vor Menschenansammlungen hat. Stattdessen erzählte ich dir das einzig urbane Abenteuer, das ich je erlebt habe, als ich gemeinsam mit Robert Palfrader eine ausgesucht fachkundige und spießige Süßweinverkostung beim Kabarettisten Thomas Maurer durch ausgesuchte Fachunkundigkeit und humoristische Renitenz zum Eklat brachte. Du warst begeistert. Ich habe die Kolumne dann, ohne dich um Erlaubnis zu fragen, in eine Satireserie vom Pannenstreifen des Lebens umgewandelt. Du hast es stillschweigend akzeptiert und mir den Rücken freigehalten, bis ich die Form fand, was mindestens ein Jahr dauerte. Und jetzt ist schon wieder der Platz aus, dabei wollte ich dir noch sagen, was ich alles an dir mag... Du hättest mir glauben sollen, als ich dir damals sagte, ich brauche für meinen Stil doppelt so viele Zeilen. Sei umarmt, Bussi! Ich werde das Über-Leben auch ohne dich schaffen, aber es wird nicht dasselbe sein.

Kommentare