Ich bin weder homosexuell noch Profifußballer (obwohl ich vor einem knappen halben Jahrhundert als nicht untalentiert galt), und vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich zunächst nicht wirklich verstanden habe, warum die Nachricht, ein ehemaliger Profifußballer habe sich nun zu seiner Homosexualität bekannt, auch nur den leisesten Hauch des Sensationellen haben könnte. Ist der halt homosexuell, na und, scheint heute eh so gut wie jeder zu sein. Aber halt. Schon diese meine erste Spontanreaktion, das weiß ich mittlerweile von ausgewiesenen Experten, war ein intolerabler Ausbruch krasser Homophobie. Nämlich dass in meiner gedanklichen Spontanreaktion das Wort „bekennen“ vorkam, war sehr böse, weil es eine Schuld impliziert, die keine ist, und das „ist eh so gut wie jeder“ deutet darauf hin, dass ich mich umzingelt, bedroht und verfolgt fühle und deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit auch zu Gewalthandlungen gegen Homosexuelle bereit wäre. Natürlich schreckt man sich zunächst ein wenig, wenn einem so auf den Kopf zugesagt wird, dass man ein krasser Homophober ist. Wusste ich ja bis jetzt nicht. Ich bin wahnsinnig wetterfühlig, das ja, und ich habe auch ordentlich gelitten während der Föhnstürme rund um die Weihnachtsfeiertage, aber dass da jetzt auch noch eine krasse Homophobie dazugekommen sein soll, fand ich nicht so lustig. Aber ich habe natürlich nachgedacht und mich gefragt, warum Fußballer und Fußballfans homosexuelle Fußballer nicht so gern haben. Die Antwort ist einfach: In primitiven Gesellschaften werden fortpflanzungsunfähige und/oder fortpflanzungsunwillige Mitglieder diskriminiert, weil sie den Fortbestand der Art gefährden, auf die der Seinszweck solcher Gesellschaften beschränkt ist. Außerhalb des Stadions können wir uns das inzwischen leisten.

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