Wir und die Trottel

Wenn Unternehmen fusioniert werden, prallen immer wieder unterschiedliche Kulturen aneinander vorbei.

Neulich sprach ich mit einer Freundin aus einem Grund, an den ich mich nicht mehr erinnern kann – geht Ihnen das übrigens auch so, dass Sie sich nur noch an Ereignisse erinnern, für deren Stattfinden es keinen erinnerlichen Grund gibt? Und wenn ja, was sagt uns das? –, also jedenfalls sprachen diese Freundin und ich über die Schwierigkeiten, die schlecht vorbereitete Fusionen mit sich bringen können. Als eines der niederschmetterndsten Beispiele ging, wie man weiß, die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler zu Daimler-Chrysler in die jüngere Wirtschaftsgeschichte ein. Das Experiment, das 1998 unter dem bescheidenen Arbeitstitel „Welt AG“ gestartet wurde, dauerte nicht einmal ein Jahrzehnt. 2007 wurden die beiden Unternehmen wieder getrennt. Jürgen Schrempp, der Daimler-Benz-Vorstandschef, der Welt-Chef werden wollte, hat es geschafft, den Wert seines Unternehmens um 50 Milliarden Euro zu reduzieren, die Marke Mercedes war am Ende des Experiments scheintot. Und es wurde trotz großer Fortschritte in der Forschung auf der ganzen Welt noch immer kein Auto gebaut, das groß genug wäre, um Herrn Schrempp und sein Ego gleichzeitig von A nach B zu befördern. Schuld an solchen Sachen sind immer die Anderen, das ist bei Autokonzernen genau so wie im richtigen Leben. Auch meine Freundin war einmal in ein Fusionsgeschehen involviert gewesen. Meine These, dass es dabei einfach zu so etwas wie einem Kulturkampf komme, wies sie entrüstet zurück: „Spinnst Du, das war doch kein Kulturkampf“, sagte sie, „die anderen waren einfach Trottel“. Zunächst triumphierte ich darüber, dass sie damit meine These aufs Beeindruckendste bestätigt habe. Später musste ich ihr Recht geben: Kann man von Kulturkampf sprechen, wenn eine der Kampfparteien gar keine hat?

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