König Jack und die Monster

Mit drei Jahren wissen die Menschen noch, dass sie Entscheidungen, die sie betreffen, selbst treffen müssen.

"Morgen hat mich der Felix von dem Monster gerettet", sagte vor Kurzem der Herr Sohn, als wir den schönsten Kindergarten von Wien betraten. Stimmlage und gehobene Augenbraue hätten nicht einmal dann Zweifel an der korrekten Schilderung des Ereignisses zugelassen, wenn ich welche gehabt hätte. Natürlich wäre ich gern dabei gewesen, morgen. Ich wäre überhaupt am liebsten im Kindergarten, und zwar nicht nur morgen, als die erfolgreiche Monsterschlacht geschlagen wurde, sondern auch die drei, sechs Tage, die der glaubwürdigen Auskunft meines Sohnes zufolge zwischen einem Kindergartenbesuch und dem nächsten vergehen. Ich versuche in der Regel, angesichts der Schilderungen von den täglichen Kampfhandlungen mit den Wesen der Tiefe einen überraschten Eindruck zu machen. Er kann ja nicht wissen, dass ich weiß, dass jedes Wort wahr ist. Ich weiß das nicht nur, weil neben "Der Meister und Margarita" mein Lieblingsbuch "König Jack und sein Drache" ist. Ich weiß es auch und vor allem, weil ich als Erwachsener viele Tage im Kindergarten verbracht habe. Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Zielstrebigkeit, mit der im Kampf gegen die Wesen der Tiefe und um das Spielzeug der anderen vorgegangen wird. 30 Dreijährige sind eine reife Organisation, jedenfalls eine reifere Organisation als, sagen wir, eine durchschnittliche ostösterreichische Zeitungsredaktion. Sie versuchen, wenn sie sich um etwas streiten, zwei mal, dich zu einer Entscheidung zu verführen. Aber sie versuchen es nicht ein drittes Mal. Das ist eine der wenigen Hoffnungen, die ich in diesem Tal der Tränen noch habe: Dass sie mit drei Jahren nach nur zwei Anläufen gegen die Wand verstehen, dass sie ihre Sachen selber entscheiden müssen. Das muss doch irgendwie konservierbar sein. Oder?

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