Moralonkelolympiade

Könntet Ihr bitte aufhören, mir mitzuteilen, worüber ich mich gerade zu empören habe? Danke.

Vor Kurzem hat jemand in der Zeitung, im Fernsehen, auf der Straße oder auf Twitter gemeint, das wichtigste oder ärgste oder typischste österreichische Wort sei "Eh". Da dachte ich mir: "Eh". Denn das ist eine der vielen Bedeutungen von "Eh": Bekräftigung.

In dieser Bekräftigung kann aber auch die Zusatzbedeutung mitschwingen, dass man das, was man da jetzt bestätigt und bekräftigt, nie und nimmer gedacht hätte, jedenfalls bis vor sehr Kurzem nicht. Das geht dann ungefähr so, wie es Eva Glawischnig unlängst erzählte: Als sie einmal mit ihren Kindern im Park war, kam eine Frau zu ihr, um ihr unaufgefordert mitzuteilen, dass sie "eh" lieb zu ihren Kindern sei. Sie wollte damit sagen, dass sie, die Frau, mit allem gerechnet habe, nur nicht damit, dass Eva Glawischnig lieb zu ihren Kindern sei. Ihr fehlten in einer solchen Situation leider die Worte, erzählte Frau Glawischnig, während ihr Mann, ein Journalist, in solchen Situationen zu sagen pflege: "Ja, aber nur, wenn wir in der Öffentlichkeit sind. Daheim sperren wir die Kinder dann eh wieder in den Keller." So prallten am Ende das "Eh" der Frau und das "Eh" des Mannes aneinander vorbei.

Eh nix passiert, würde der Wiener sagen, und alles wäre klar. Würde er aber fragen "Ist eh nix passiert?" könnte das zweierlei bedeuten. Erstens die ehrliche Sorge um sein Gegenüber nach dessen Sturz über die Treppe, der so aussah, als hätte sich der Gestürzte gut und gern das Genick brechen können. Zweitens die hemmungslose Schadenfreude darüber, dass dem Gestürzten das Blut aus Mund und Nase rinnt. Eltern, die das Prinzip der antiautoritären Erziehung missverstanden haben, bringen ihren Kindern angeblich bei, "eh nix passiert" zu sagen, wenn sie die Ming-Vase vom Onkel Rudi zerdeppert haben. Eh schon wieder fertig.

Kommentare