Sing meinen Song! Wieso Corona Pop wieder richtig spannend macht
Homeoffice, Jogginghosen, ungewaschene Haare? Ja ja, klingt alles nicht so prickelnd, aber musikalisch betrachtet sorgt gerade die neue „Heimlichkeit“ für jede Menge neuen Stoff, in manchen Fällen sogar für echte Höhenflüge. Weil’s ja seit einem Jahr in etwa so ist, wie es früher am Land im Winter war: Man ist zu Hause in der Stube, weil’s draußen kalt und finster ist. Also macht man – Musik! Stubenmusi, Hausmusik, egal. In Island ist es ja anscheinend ständig so, deshalb haben die dort eine irrwitzige Quote, was internationale Pop-Acts auf Einwohner betrifft, aber das ist eine andere Geschichte.
Stars machen Stubenmusi!
Für unsere Pop- und Rock-Idole bedeutet das: Keine ewigen Touren mehr, um ihre Songs zu promoten. Geht einfach nicht. Weil die meisten Musiker aber einfach gern Musik machen, machen sie das jetzt zu Hause. Und weil man nicht ständig neue Songs erfinden kann, spielt man irgendwann seine persönlichen Lieblingssongs nach. Auf diese Weise hat sich im vergangenen Jahr nicht nur eine richtig ansehnliche Zahl an spannenden, witzigen, skurrilen und atemberaubenden Coverversionen angehäuft.
Und es ist auch tatsächlich so, dass man ein bisschen mehr über die Postergirls und -boys erfährt – weil man mitbekommt, was sie selbst gerne hören und dann auch spielen. Man sitzt praktisch auf Billie Eilishs Wohnzimmercouch, wenn sie gemeinsam mit ihrem Bruder den Disco-Hadern „Sunny“ seufzt.
Nein, der ist nicht von Boney M., sondern von 60ies-Soulman Bobby Hebb. Wie genial sie covern kann, hat Miss Eilish ja schon vor einiger Zeit mit Michael Jacksons „Bad“ bewiesen, aktuell in den Charts ist sie mit „Something“, ihrem Lieblingstrack der Beatles.
Als Miley Cyrus zu Beginn der Krise „Wish You Were Here“ von Pink Floyd coverte, teilte sie ein Gefühl mit Millionen von Menschen, die diesen Song über die Jahrzehnte schon am Lagerfeuer gespielt oder zumindest mitgesungen haben. Mittlerweile hat sie sich mit fantastischen Versionen von „Heart Of Glass“ (Blondie) und „Zombie“ (The Cranberries) zur wahrhaften Queen of Covers hochgespielt.
Überraschungen & Perlen
Wenn Norah Jones sich in einem Handy-Video ganz zwanglos ans Klavier setzt und einen ihrer Herzens-Songs spielt, ist das schon richtig klass. Und überraschend. Es ist nämlich „Patience“ von Guns n’ Roses aus dem Jahr 1988.
Apropos 80ies: Wer hätte eigentlich gedacht, dass ausgerechnet Rick Astley – ja, der „Never Gonna Give You Up“-Gottseibeiuns der globalen Mainstream-Charts – ein Foo Fighters Fan ist? Aus seinem Büro/Wohnzimmer/Wasauchimmer schickt er uns jedenfalls eine leidenschaftliche Version von David Grohls Mega-Hit „Everlong“. Das kommt so echt und ehrlich rüber, dass man es einfach lieben MUSS.
Zu den großen Highlights zählt auch Ex-Wunderkind Lorde, die sich mit „Tougher Than The Rest“ eines Bruce-Springsteen-Klassikers annimmt. Und natürlich Londons neuer Kritikerliebling Arlo Parks, die dem beinahe totgespielten Radiohead-Hit „Creep“ völlig unprätentiös neues Leben einhaucht, während Supeerstar Dua Lipa sich zum Covern stilsicher einen Song von Arlo Parks ausgesucht hat: "Eugene".
Und dann ist da noch die superhippe Marika Hackman, die gleich ein komplettes Album mit „Covers“ eingespielt und es dementsprechend genannt hat. Am lässigsten kommen ihre Versionen von „Realiti“ (Grimes) und „Phantom Limb“ (The Shins) rüber. Auch die anbetungswürdige Leanne La Havas hat endlich einen ihrer Lieblingssongs aufgenommen, das hypnotische „Weird Fishes“ von Radiohead, und Nick Cave steuerte mit „Cosmic Dancer“ einen großartigen Track zu einem sonst eher mäßigen T. Rex-Tribute-Album mit Joan Jett, U2, Elton John und anderen Haudegen bei.
Die spanischen Rockerinnen von den The Hinds haben mit „Spanish Bombs“ einen Hit gefunden, der klingt, als hätten ihn The Clash 1979 extra für sie geschrieben, und mit der schrillen Karen O und dem schrulligen alten Cowboy-Indianer Willie Nelson haben zwei derart unterschiedliche Musiker zueinandergefunden, dass es geradezu genial ist. Was sie gemeinsam spielen? „Under Pressure“ von David Bowie & Queen. Grandios!
Und gerade wenn man glaubt, dass man schon alles gesehen hat, stolpert man über Hollywood-Größe Kevin Bacon, der in einem Alpaca-Gehege kniet und sich selbst auf der Gitarre zu einem Backstreet Boys-Hit begleitet. Wie kam es dazu? Der preisgekrönte Charakterdarsteller wohnt auf einer hübschen Ranch in Connecticut, zeitweise mit seiner Frau Kyra Sedgwick ("The Closer"), immer mit seinen Pferden, Ziegen, Lamas und Alpacas. Seit einiger Zeit spielt er im Rahmen einer "GOAT Challenge" ausgewählte Stücke für seine Viecher. Und für uns. Wäre die Szene vor zwei Jahren denkbar gewesen? Kaum. Also: Freuen wir uns doch einfach darüber.
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