Florian Holzers Restauranttest: Kaffee Alt Wien
Die Bäckerstraße hat sich in letzter Zeit verjüngt. Etwa durch das moderne Figlmüller-Lokal „Lugeck“, die „Kix“ wird gerade zum „Kleinod Prunkstück“, 2017 startete das „Kussmaul“ und kurz danach die Edel-Bäckerei „Parémi“. Nur die Urgesteine „Oswald & Kalb“ und das „Alt Wien“ schienen der Modernisierungs-Brandung zu trotzen. Nicht ganz, denn das „Alt Wien“ – das es in dieser Form auch erst seit 1984 gibt, als Pero Hrtica, Kurt Kalb und Rudi Oswald das ursprünglich 1922 gegründete, stark heruntergekommene Café zum Lieblings-Lokal der damaligen Bohème machten – hat sich gerade maßgeblich verändert, nämlich vergrößert. Der Schachklub einer politischen Partei, die gerade andere Sorgen hat, wurde zu einem hellen, eleganten Café-Salon mit Fischgrät-Parkett, Rotsamt-bezogenen Sitzbänken, runden Kaffeehaus-Lampen und alten Marmortischen. Das „Alt Wien“ bekam auch eine neue Hightech-Küche, was sich auf die Speisekarte aber – zum Glück! – nicht auswirkte. Das Gulasch ist hier nach wie vor speziell, aus dem Zapfen geschnitten, daher magerer, trockener (9,40/12,60 €), saure Wurst, Rindfleischsalat, Schinkenbrot mit Kren, all die geliebten Klassiker gibt es noch. Dass die Selchkrainer hausgemacht sind, wird felsenfest behauptet, soll sein, gut sind sie auf jeden Fall (6,20 €). Das Schnitzel zählt zu den feinen der Stadt, anmutig, mit dünner, welliger Panier, kernig im Biss (14,60 €). Stammgäste des „Alt Wien“ werden nach wie vor lieber vorne im düsteren, mit Plakaten vollgeklebten Bereich sitzen. Aber es gibt ja auch Leute, die’s gerne hell und ein wenig mondäner haben.
Kaffee Alt Wien
Wien 1, Bäckerstr. 9,
Tel: 01/512 52 22,
Mo-So 9-2,
www.kaffeealtwien.at
Bewertung:
Essen: 29 von 50
Service: 6 von 10
Weinkarte: 9 von 15
Ambiente: 23 von 25
Gesamt: 67 von 100
florian.holzer@kurier.at
Kommentare