Florian Holzers Restauranttest: Geschmacks-Tempel
Jene Wiener Szene-Lokale, die die vergangenen 30 Jahre er- und überlebten, machen gerade einen Generationswechsel durch. Vorige Woche berichteten wir über das 1989 gegründete „Panigl“ in der Josefstadt, diese Woche ist es der „Tempel“: Es war wohl das versteckteste Restaurant der Stadt, kein Hinweisschild an der Praterstraße, man musste durch einen Biedermeier-Hof, um in den ehemaligen Stallungen eines Klosters Rudi Warzwiesingers wunderbare, individuelle Küche zu bekommen. Nach 25 Jahren übergab Warzwiesinger das Lokal, und zwar an keinen Unbekannten: Thomas Edlinger führte lange das „Pan e Vin“ in der Salesianergasse, zwischenzeitlich das Gourmet-Experiment „Ruben’s Brasserie“ im Palais Liechtenstein. Und nach vier Jahren Pause beschloss er, wieder zu kochen, eine sehr klassische Küche, wie sie in dieses sehr klassische Restaurant gut passt. Gebackenes Trüffel-Ei auf Kartoffelschaum (13,– €), kalt geräuchertes Hirsch-Carpaccio mit gebratenem Topinambur (15,– €) und natürlich Risotto, das Edlinger beherrscht wie sonst nur wenige (12/16,– €). Als Gruß aus der Küche kommen gebratene Blunzenscheiben mit Senf-Variation, die Selleriecremesuppe mit Wienerwald-Trüffeln ist luftig und flaumig (6,– €), sehr attraktiv auch das Sortiment von Edlingers einfacherer „Greißlerei“-Karte, wie etwa ein großartiges Hirschkalbsbeuscherl im Glas mit Semmelknödel (7,– €). Und schließlich die Bauernente aus dem Schneebergland, rosa gebraten die Brust, als Confit gegart die Keule, sehr gut, beim Kohlsprossen-Gemüse ist noch Luft nach oben (24,– €). Aber definitiv: Ein bisschen Klassik kann nicht schaden.
Geschmacks-Tempel
Wien 2, Praterstr. 56/12,
Tel: 01/214 01 79,
Di-Sa 11-23,
www.geschmacks-tempel.at
Bewertung:
Essen: 39 von 50
Service: 9 von 10
Weinkarte: 10 von 15
Ambiente: 19 von 25
Gesamt: 77 von 100
florian.holzer@kurier.at
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