Salzburg: Mozartkitsch und neuer Chic

Der Mirabellgarten in Salzburg ist eines der beliebtesten Fotomotive unter den vielen Touristen. Denn so kennen Sie die schöne Stadt.
Ein Badepalast aus Glas und Stein im altehrwürdigen Mirabellgarten, ein uraltes Bauernhaus im modernen Landhaus-Stil: In Salzburg zeichnet sich ein Trend ab. Dabei treffen Mut und Gespür aufeinander.

Den Mönchsberg im rötlichen Licht der untergehenden Sonne, im Süden die Festung Hohensalzburg mit der Altstadt zu ihren Füßen, östlich der saftig-grüne Kapuzinerberg, und im Norden der Blick auf das geschäftige Hauptbahnhof-Viertel. Herrlich, eigentlich. Und dann kommt da eine ältere Dame im Badeanzug mit der spitzen Bemerkung, dass die ein oder andere Grünpflanze ja wohl nicht geschadet hätte.

Wir befinden uns auf der Terrasse des Paracelsusbades in der Stadt Salzburg. Ein anderer Gast murmelt als Antwort, sie möge doch einmal die Augen aufmachen – rundherum sei genug Grün. Der Architekt habe sich schon etwas dabei gedacht.

Das hat er tatsächlich. Der Neubau entfalte seine Wirkung „im Dialog der neuen Räume mit dem Vorhandenen“, erklärt Architekt Alfred Berger – und meint damit den Mirabellgarten, an dessen Rand das Bade- und Kurhaus situiert ist, die Altstadt und die Berge. Partnerin Tiina Parkkinen ergänzt: „In unseren Projekten sind Bezüge zur gebauten Umgebung, zum umgebenden Naturraum und zur sozialen Situation sehr wichtig.“

Salzburg: Mozartkitsch und neuer Chic

Die wellenförmige Decke geht in Glas über und lässt es wirken, als würde der Bau mit dem Freien verschmelzen.

Heißt: Es braucht keinen Schnickschnack – weder Topfpflanzen noch bunte Liegekissen oder Duftkerzen. Stattdessen gibt es viel Glas und Sandstein, klare Linien, weite, freie Flächen.

Im Erdgeschoß befindet sich der Bereich für ambulante Kurgäste. Im Angebot sind Moorbäder, Unterwasser-Gymnastik, Massagen und Physiotherapie. Die Klassiker. Über die Stiege im Zentrum des Baus, der von oben mit Tageslicht beleuchtet wird, gelangt man zur Badeebene mit riesigem Sportbecken, und die ist etwas für Architektur-Feinspitze: Die wellenförmige Decke geht in Glas über und lässt es wirken, als würde der Bau mit dem Freien verschmelzen.

Für das wirkliche Highlight muss man noch einmal Stiegen steigen – sofern man sich vor lauter Glas und Stein noch nicht verlaufen hat: Die Saunawelt. „Nackt über der Stadt“, lautet da der Slogan. Auf der obersten Ebene ist die Außenseite zu weiten Teilen vollverglast, die vier Saunen und das Dampfbad sind entlang eines Rundgangs angeordnet. Das macht es möglich, nackt, schwitzend und tiefenentspannt einen freien Blick auf die Festung oder die Berge zu genießen. Ohne dass einem die Spaziergänger im Park dabei zuschauen, versteht sich.

Glas und Stein versus Traditionalismus

Klarerweise sorgt diese Art von Bau in einer Stadt, die mit dem Label „Mozartstadt“ jedes Jahr Millionen von Touristen aus aller Welt anzieht und die ihren Kitsch und Pomp bestens vermarktet, für leicht saures Aufstoßen. Jahrzehntelang war über Art und Standort debattiert worden. Dass das alte Paracelsusbad abgerissen werden musste, tat sogar dem Bürgermeister der Stadt, Harald Preuner, in der

Seele weh. Er hat dort als Kind schwimmen gelernt – so wie viele gebürtige Salzburger.

Ob das neue Paracelsusbad bei Einheimischen wie Touristen ankommt, bleibt abzuwarten. Wenige Monate nach der Eröffnung im Oktober 2019 kam die Corona-Krise und damit die Schließung. Mittlerweile wurde der Wiedereröffnungstermin mit

15. Juni 2020 fixiert; andere Bäder haben an diesem Wochenende schon wieder geöffnet. Eines zeigt sich an diesem Beispiel aber ganz deutlich: Die Stadt Salzburg will ihrem Kitsch-Image etwas entgegensetzen. Für ein Architekturprojekt wie das Paracelsusbad braucht es Mut.

Das Stichwort Mut nimmt auch Michaela Gmachl in den Mund, die etwas außerhalb der Stadt Salzburg in Elixhausen an einem uralten Bauernstuben-Tisch sitzt und ihre Familienhistorie erzählt. Das „Romantikhotel Gmachl“ (der Name wird gerade auf „Romantik Spa Hotel Elixhauser Wirt“ geändert) ist der älteste Gastronomie-Betrieb Österreichs. Im Jahr 1334, also vor 686 Jahren, wurde der Bauernhof mit Taverne erstmals urkundlich erwähnt. Michaela Gmachl führt den Betrieb in 23. Generation. Mut habe es deshalb gebraucht, sagt sie, weil so ein historisches Schmuckstück freilich seine Tücken hat. Werkelt man zu wenig, verfällt es. Werkelt man zu viel, verschwindet der ursprüngliche Charme.

Altes Haus als unendlicher Fundus

Die schiefen Mauern, die niedrigen Türen, der knarzende Holzboden – das alles gehört dazu und will gepflegt werden. „Wenn du an einer Ecke fertig bist, kannst du gleich bei der nächsten von vorne anfangen“, sagt Gmachl – ihr Lacher ist zugleich ein tiefer Seufzer. Das alte Stammhaus wurde in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich umgebaut, ausgebaut, saniert – und 2009 durch einen Neubau mit Wellness-Bereich ergänzt.

Das Spa „Horizont“ im obersten Stock ist mit diversen Saunen und einem Infinity-Pool ausgestattet, rasten kann man dann auf Sofas nebst Kaminofen oder auf den großzügigen Liegeflächen in einem separaten Pavillon. Das Angebot ist allerdings überschaubar und der Bereich etwas zu klein, um etwaig Paaren mit planschenden Kindern auszuweichen. Paare, die im Romantikhotel tatsächlich einen romantischen Kurz-Urlaub zu zweit verbringen wollen, dürften mit den neu renovierten Zimmern im Stammhaus aber einen geeigneten Rückzugsort finden. Sie wurden erst im April renoviert.

Der Stil: moderner Landhaus-Chic in den Immer-mal-wieder-Trendfarben Altrosa und Grün sowie zeitlosen Beige-Tönen. Damit es nicht nach Katalog ausschaut, setzt Michaela Gmachl bei der Innenausstattung auf eine Mischung aus Altem und Neuem. Als etwa das 400 Jahre alte Stallgewölbe zum Frühstückssaal umgebaut und ein Wintergarten errichtet wurde, durchsuchte sie mit ihrer Mutter das Haus bis unter den Dachboden nach altem Mobiliar – ein unendlicher Fundus. Darunter eben jener Tisch, an dem sie gerade das Gespräch führt oder ihre Gäste bewirtet (mehr zum Restaurant siehe unten).

Und Gmachl würde zum Stichwort Mut noch etwas ergänzen: Gespür. Viel Gespür.

Salzburg: Mozartkitsch und neuer Chic

Kulinarium: Im hauseigenen Haubenrestaurant des Gmachl in Elixhausen stehen Klassiker wie Rindfleisch und Fiaker- gulasch auf der Speisekarte – die Umsetzung auf dem Teller überrascht dann positiv. Bei manchen Gerichten muss man kosten, um sie zu erkennen

Salzburg: Mozartkitsch und neuer Chic

Klimafreundliche Anreise
Mit dem Railjet der ÖBB reist man in rund zweieinhalb Stunden von Wien nach Salzburg, mit der Westbahn knapp über drei: oebb.at, westbahn.at

Gmachl in Elixhausen
Das Restaurant ist seit 15. Mai wieder geöffnet, das Hotel seit Freitag. Offen ist allerdings noch, ab wann der Wellnessbereich wegen der Corona-Maßnahmen wieder nutzbar ist. Die Zimmerpreise gehen von 99 € für ein Standard-Zimmer über die Junior Suiten im Neubau für 146 € bis zur Deluxe Suite im Stammhaus für 199 € p. P., gmachl.com

Paracelsusbad in Salzburg
Das Bad plus Sauna und Kurhaus der Stadt Salzburg ist wegen der Corona-Maßnahmen  geschlossen. Am 15. Juni wird es wiedereröffnet.
Bad: täglich von 10 bis 21 Uhr, Sauna: bis 22 Uhr. Eine Kombi-Tageskarte kostet für Erwachsene 21 €, die Abendkarte ab 21 Uhr 17 €, paracelsusbad.at

Stadttourismus
Alle Infos unter salzburg.info

Salzburg: Mozartkitsch und neuer Chic

Café Bazar: Bei einem Besuch der Mozartstadt ist das Bazar, traditionelles Kaffeehaus am Ufer der Salzach, eigentlich Pflicht. Frühstück gibt es den ganzen Tag – inklusive hausgemachte Marmelade. Tipp aus der Kuchenvitrine:
 die Cremeschnitte 

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