Powerfrau Barbara Becker: "Manchmal habe ich Angst"
Es scheint, als wäre seit unserem Interview eine Ewigkeit vergangen. Dabei war es kurz vor Corona, als ich Barbara Becker im Hotel Sacher in Wien traf. „Hallo, ich bin die Barbara“, stellte sie von Anfang an klar, dass wir beide uns duzen. Wir sprachen über ihr neues Buch „Die Barbara-Becker-Formel“, ihre Familie und ihr Leben zwischen Europa und den USA, wo Barbara seit 17 Jahren lebt. Nach unserem Treffen ist sie dorthin zurückgekehrt und meldet sich nun aus Miami, um zu erzählen, wie es ihr ergeht. „Ich campe in meiner Rotlichtsauna“, sagt sie. „Die stärkt das Immunsystem und ist mein einziger Rückzugsraum, weil meine Familie den Rest des Hauses okkupiert. Hier meditiere ich zu Noahs Musik (Anm.: Beckers Sohn) und trinke für die Gesundheit täglich meine Säfte, die ich uns aus allen möglichen Zutaten mixe.
Lesen Sie, was Becker zum Corona-Virus sagt, welches Verhältnis sie zu Exmann Boris hat und wofür sie in Miami berühmt ist.
Barbara, was hat sich seit das Virus grassiert, bei dir daheim verändert?
Meine Anordnungen im Haus sind knallhart: Küssen verboten! Und kalt duschen ist auch ganz wichtig.
Du bist als Frau der Öffentlichkeit stets gestylt. Wie legt du es derzeit an?
Mit zunehmender Faulpelzigkeit zementiert sich bei mir die Erkenntnis: Wenn ich es nicht bis mittags aus meiner Leisure-Wear geschafft habe, sitze ich noch am Abend im Schlabberlook da. Ich mache auch ‚Facetime‘ nur noch mit getönter Brille, wenn ich mit Menschen telefoniere, die mich sonst nur geschminkt kennen.
Einverstanden, wenn wir zur Ablenkung darüber reden, was wir jetzt tun können, um uns besser zu fühlen?
Ja natürlich!
Du hast eine Formel für Better-Aging entwickelt. Da fällt mir gleich a²+b²=c² ein!
Ach schau, der Pythagoras! Meine Formel ist nahbarer: Selbstliebe x Dankbarkeit x Bewusstwerdung = Glück. Ich möchte zeigen, dass man sich in jedem Alter geistig und körperlich beweglich halten kann – mit einem klaren Blick auf dich, ohne ständige Kritik und Vergleiche, dafür mit Liebe für sich selbst, die von innen heraus kommt.
Du bekämpfst angeblich den inneren Kritiker, indem du dich drei Minuten vor dem Spiegel aufrichtest. Das funktioniert?
Natürlich! Vielleicht nicht beim ersten Mal, aber es geht darum, dass man sich mit sich selbst konfrontiert und damit anfreundet, was man sieht. Das klappt sehr gut.
Wie oft machst du das?
Also, ich mache mir täglich ein Kompliment.
Welches war es heute?
Heute bin ich zum Beispiel von meiner Matte aufgestanden, habe nachher kalt geduscht, mich dann hingestellt und gesagt: Sieht alles super aus! Frauen haben doch meistens etwas an sich auszusetzen, egal wie schön, dünn oder jung sie sind. Kaum eine nimmt sich an, das finde ich schade.
Warum ist dir Bewegung so wichtig?
Beweglichkeit im Körper bedeutet Beweglichkeit im Geist – was man auch ausstrahlt. Das Tolle an meiner Formel ist, dass man mit zehn Minuten pro Tag dabei ist. Der Körper adaptiert sich sehr schnell. Diese Zeit hat jeder, da gibt es keine Ausreden. Wir konzentrieren uns auf den Muskelaufbau, aber auch auf Herz-Kreislauf-Training und Dehnung der Faszien. Das eine ist, wie der Körper dadurch aussieht, wir konzentrieren uns aber darauf, wie es sich anfühlt. Das ist das Innovative an der Methode.
Wer dein Leben verfolgt, weiß, dass die Suche nach Balance und Ausgeglichenheit dich schon immer begleitet. Als Schutz vor dem Leben in der Öffentlichkeit?
Ja, bestimmt auch. Seit ich 23 bin, also seit 30 Jahren, habe ich dieses Leben in der Öffentlichkeit. Aber das ist kein Schicksal, sondern selbst gewählt und macht mich auch sehr dankbar. Es ist ein Unterschied, ob man nur fotografiert wird oder auch ein bisschen etwas bewegen darf.
Warum bist du vor 17 Jahren von Deutschland nach Miami gezogen?
Sicherlich auch für die Kinder, damit man ein bisschen aus dem Fokus kommt. Ich glaube, es ist wichtig, wählen zu können, ob man öffentlich sein will oder nicht. Meine Kinder konnten ohne Druck und Vergleiche in Ruhe aufwachsen..
Wissen deine Freunde in Miami, was Barbara Becker macht?
Ich habe keine eigene Persönlichkeit für Miami entwickelt, lege den Fokus hier aber tatsächlich auf andere Dinge. Es wissen viele, dass ich Millionen DVDs verkauft habe, teilweise wissen sie auch, dass ich für alles Mögliche Kollektionen mache. Aber ich bin hier eher berühmt dafür, große Feste zu feiern, eine gute Freundin zu sein und viele Tiere zu haben.
Im Internet sieht man dich neuerdings mit einer Ziege ...
Auf die dürfen wir grad aufpassen, weil sie Hilfe braucht. Ich hatte schon einige Pflegetiere und bin viel in meinem Garten unterwegs. Dann ruf ich Freunde durch und sag’: Ich hab 40 Bananen geerntet. Wer will, kommt vorbei und holt sich welche ab.
Die Partys klingen interessant.
Ich mache alles Mögliche, von Sleepover-Partys mit Freundinnen bis zu Kostümfesten. Vor Kurzem haben wir den Siebziger meiner besten Freundin gefeiert und es waren Leute da, die ich in meinem Leben zuvor noch nie gesehen habe. Sie ist ein paar Jahre länger in Miami als ich. Bei ihr sind es 37, bei mir 17 Jahre.
Was fasziniert dich so an Miami? Ich war zwei Mal dort, die Begeisterung blieb aus.
Dann warst du in den falschen Ecken. Das muss ich dir neu zeigen. Ich hatte auch ein komisches Verhältnis zu Venedig, weil ich mit den falschen Leuten dort war. Wir haben wunderbare Museen und eine wunderbare Kultur hier, Jazz und Salsa, nicht nur die ersten zwei, drei Straßenreihen vom Strand entfernt. Da könnte ich dir einiges zeigen.
Bei Spaziergängen kommt man nicht an der Promi-Insel Fisher Island vorbei, wo du lange gelebt hast. Für mich sehen die riesigen Hochhäuser aus wie der Wohnpark Siebenhirten in Wien.
Wenn man da wohnt, guckt man ja nicht auf die Anlage, wie du das vom Festland aus machst, sondern aufs Meer. Du hast eigentlich das Gefühl, dass du auf den Bahamas bist. Die haben teilweise auch den Strand von den Bahamas auf Fisher Island gekarrt. Es stimmt, es ist dort sehr künstlich, aber ich habe dort Menschen kennengelernt, die mir in jeder Lebensphase geholfen haben. Miami ist ein Platz, wo Menschen unterschiedlicher Kulturen und Länder zusammentreffen, nicht nur Amerikaner, sondern Iraner, Franzosen, Libanesen, aber auch Österreicher wie Rudolf Budja. Er ist der Galerist meines Sohnes Noah und um ihn sammeln sich so viele von euch, dass ich glaube, in einer österreichischen Enklave zu sein.
Noah ist DJ, Musiker und Künstler. Seine Bilder werden ab 16.000 Euro gehandelt, dabei ist er erst 23. Wer macht die Preise?
Da müsstest du jetzt Rudolf Budja fragen. Er weiß, wie die Preise zustandekommen. Aber Noah verschenkt auch viele Bilder an meine Freunde. Die haben alle einen Noah Becker daheim hängen.
Bist du stolz auf deine Kinder? Dein zweiter Sohn Elias studiert in London.
Es ist natürlich so, dass ich aus der ersten Reihe mit Bewunderung zuschauen darf. Gestern waren sie noch gefühlt in der Sandkiste unterwegs, heute stehen die beiden ihren Mann. Erfolg ist wichtig, aber noch wichtiger ist mir das Feedback, das ich aus der Gemeinschaft kriege, in der sie leben. Dass sie liebevolle Menschen sind und einen guten Charakter haben.
Da hast du offenbar viel richtig gemacht, trotz schwieriger Zeit mit Scheidung.
Eine Scheidung betrifft ja mittlerweile viele Menschen. Ich glaube, dass da viele den Schlüssel gefunden haben, indem sie die Kinder ins Zentrum stellen. Aber ich glaube, dass gerade aus schwierigen Zeiten für alle etwas Wunderbares entstehen kann. Man rückt näher zusammen, konzentriert sich auf das Positive und schaut, was man füreinander tun kann.
Darf man dich nach dem Ex-Mann fragen?
Natürlich, das macht doch nichts.
Gehört er für dich noch zur Familie?
Er gehört dazu, absolut! Wir haben uns tatsächlich darauf geeinigt, dass wir als Familie für die Kinder da sein wollen, dass wir uns absprechen und auch miteinander sprechen, um als Eltern zu funktionieren. Das praktizieren wir schon so lange, das können wir richtig gut.
Boris Becker hatte zuletzt sehr turbulente Zeiten. Wie ist deine Meinung dazu?
Ich kirege da in Miami wenig mit und ich möchte nicht in seine Privatsphäre eindringen. Deshalb sage ich zu seinen persönlichen Sachen nichts. Ich sage nur etwas, wenn es unsere Söhne betrifft. Und da kann ich berichten, dass er ein wirklich wunderbarer Vater ist und, ja, auch ein Freund und Vertrauter, der mit Rat und Tat zur Seite steht. Da bin ich wirklich sehr dankbar.
Die Boris-Fragerunde ist damit vorbei.
Das ist ja süß. Ich glaube, das ist für dich schwieriger als für mich.
Sollen wir noch über das Alter reden? Dein Buch handelt ja von Better Aging.
Ich rede gerne über mein Alter, ich bin auch jemand, der, wenn er nach dem Alter gefragt wird, nicht rumlügt. Es steht ja auch auf Wikipedia. (Anm.: Becker ist 53)
Älterwerden ist schön. Man wird klüger.
Ich finde es auch super, denn es ist leider fast schon normal, dass Frauen nicht auf ihr Alter angesprochen werden wollen. Wir sollten stattdessen mehr über unsere Vorzüge und Projekte sprechen, wie es Männer machen. Da können wir uns viel abschauen.
Du trägst einen sehr schönen Ring ...
Er ist von Cartier, ich hab’ ihn schon ganz lange. Den hat mir ein Freund geschenkt.
Mit Lenny Kravitz bist du doch gut Freund.
Nein, nein. Wir sind sehr eng und kennen einander 26 Jahre. Aber wir sind Familie.
Ihr würdet gut zusammenpassen.
Wir passen auch sehr gut zusammen, aber halt als Freunde und nichts anderes.
Okay, einen Versuch war es wert. Was geht dir derzeit durch den Kopf?
Meine Schildkröten schlüpfen bald. Aber manchmal habe ich auch Angst.
Barbara Becker, 53, wurde 1966 in Heidelberg geboren. Ihr bereits verstorbener afroamerikanischer Vater Harlan war Fotograf, ihre deutsche Mutter Ursula war Lehrerin. Die einstige Waldorfschülerin machte in München eine Gesangs- und Schauspiel-Ausbildung und arbeitete als Model. Bekannt wurde sie, als sie im Alter von 27 Jahren 1993 die ehemalige Tennis-Nr.-1 Boris Becker heiratete. Die Söhne Noah und Elias kamen 1994 und 1999 zur Welt. Als Boris Becker sich auf eine Affäre mit Angela Ermakova einließ und die gemeinsame Tochter Anna 2000 zur Welt kam, trennte sich das Paar und Barbara Becker zog mit den Kindern nach Miami.
Becker, deren zweite Ehe 2011nach zwei Jahren scheiterte, machte sich als Designerin und mit Fitness-DVDs einen Namen. Soeben veröffentlichte sie ihr jüngstes Buch über „Better Aging mit innovativem Muskel-Faszien-Training“.
„Die Barbara Becker Formel“ um 20,60 Euro, erschienen bei Gräfe und Unzer.
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