Möglichst unauffällig auffällig individuell

Der Einheitsbrei von "links" und "rechts"

Die meisten Menschen, die ich kenne, sind froh, dass „rechts“ und „links“ keine Kategorien mehr sind. Das kann ich verstehen, denn wenn Kategorien, die man nicht wirklich begriffen hat, keine mehr sind, wird das sogenannte Denken erleichtert. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich über das Ende des ideologischen Denkens ausschließlich freuen, auch wenn ich Mathias Döpfner, den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, um den Satz beneide, mit dem er die allseitige Verwunderung über das Engagement des „Linken“ Stefan Aust beim „rechten“ Springer-Verlag kommentierte: Die Zeiten der „parteipolitischen Gesäßgeografie“ seien vorbei, sagte Döpfner. Das war einfach gut, auch wenn es nur verschleiern sollte, was er wirklich sagen wollte, nämlich Folgendes: Herr Aust war Miteigentümer von N24, er kennt sich mit Fernsehen und mit Magazinen aus und welcher Ideologie er anhängt, ist mir schnurzpiepegal, weil nämlich mit Ideologie heute kein Geld mehr zu verdienen ist. Da hat er recht, der Herr Döpfner. Man könnte auch sagen, dass „links“ und „rechts“ heute deshalb keine Kategorien mehr sind, weil eh alle links geworden sind, so bobolinks halt: schon individuell, aber ökologisch und sozial verträglich individuell, also möglichst unauffällig auffällig individuell, Sie wissen, was ich meine.

Mir ist das alles deshalb nicht so recht, weil ich nachtragend bin. Zum Beispiel werde ich den französischen Linken rund um dieses Ekel Sartre nie nie nie verzeihen, wie sie den Freiheitsmenschen Camus fertig gemacht und in den intellektuellen Gulag geschickt haben. Es war ja für eine gute Sache, nämlich die Weltrevolution samt Herrschaft der Arbeiterklasse in den Salons der Mandarine von Paris. So leicht kommen mir die Kerle mit ihrem Gesäß nicht davon, Herr Döpfner.

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