Not macht erfinderisch
Ebenso wie für den Rest der heimischen Branche, war das Jahr 2020 auch für sie kein einfaches. „Ich hatte zwar Glück, dass die Krise erst nach den Bällen losging, dennoch war in den ersten Wochen des Lockdowns diese existenzielle Angst da“, erinnert sich die gebürtige Niederösterreicherin. „Wir wussten ja alle nicht, wie es weitergeht. Ich bin Gott sei Dank ein Mensch, der sich schnell auf neue Begebenheiten einstellen kann.“
Mayer schöpfte neue Kraft – und designte für ihre Kundinnen das, was sie zu diesem Zeitpunkt wohl am dringendsten brauchten: Hochwertigen Mund-Nasen-Schutz. Kurze Zeit später folgten die No-Mask-Shirts, Oberteile mit integrierter Maske. „Die Idee wurde unglaublich gut angenommen und hat uns finanziell sicherlich bis zu einem gewissen Grad gerettet.“
Zwar hängen in ihrem Wiener Store nach wie vor elegante Kleider, derzeit greifen die Kundinnen jedoch (noch) nach Gemütlicherem. Mayer: „Gleich am ersten Tag des jetzt wieder geöffneten Geschäfts kam eine Kundin, die nur Hosen und Oberteile wollte.“ Der Wunsch nach Komfortablem habe sich tief verankert. Auch bei ihr selbst: „Im ersten Lockdown habe ich nur Hosen und Turnschuhe getragen – sehr ungewöhnlich für mich.“
Bodenständige Mode
Für das Treffen mit dem KURIER ist sie zum ersten Mal seit Langem wieder in ein Kleid geschlüpft. „Es hat lange gedauert, bis ich wieder mental dazu bereit war, eines zu tragen.“ Dass sie sich bereits kurz nach der Labelgründung im Jahr 1996 entschloss, den Fokus verstärkt auf Abendmode zu legen, bereut die 49-Jährige nicht: „Das Handwerk steht bei solchen Kleidern im Mittelpunkt.“ Inzwischen gibt es unter Österreichs Prominenten und Politikerinnen kaum eine, die noch kein Kleid von Michel Mayer anhatte. Auch US-Schauspielerinnen wie Aja Naomi King („How To Get Away With Murder“) greifen regelmäßig zu den Entwürfen aus Österreich.
Dabei soll die in Wien geborene Fashion-Legende Helmut Lang einmal gesagt haben: „Als österreichischer Designer kann man entweder das Land verlassen oder untergehen.“ Dem kann Mayer nur teils zustimmen: „Die Akzeptanz für heimisches Design ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.“
In die Wiener Modeszene hineinzukommen, sei gar nicht so schwer, sagt die Promi-Ausstatterin. Sich über Jahre hinweg zu halten, schon. Wie sie es seit nun 25 Jahren erfolgreich schafft? „Das weiß ich auch nicht so recht“, gibt Michel Mayer lachend zu. „Vielleicht, weil ich das Label stetig, aber langsam wachsen ließ. Jeder Schritt war eine Bauchentscheidung. Aber eine gut überlegte.“
Kommentare