Chanel: Virtuelle Modenschau am Mittelmeer
Eine seiner sogenannten Cruise‐Shows durch ein Video zu ersetzen, ist für Chanel ein drastischer Schritt, denn normalerweise veranstaltet das Modehaus dafür spektakuläre Events. Hintergrund: Der Begriff Cruise Collections, auch Collections Croisières genannt, wurden ursprünglich für die anspruchsvollen Gattinnen reicher Männer entworfen, die auch im Winter ihren Cocktail in der Sonne genießen wollten und deswegen vor Eis und Schnee in tropische Gefilde flüchteten.
Dafür brauchten sie eine angemessene Garderobe, die dann in entsprechendem Ambiente gezeigt wird. In den vergangenen Jahren ließ Chanel seine Gäste nach Havanna, Shanghai, Edinburgh oder Singapur einfliegen, doch die Corona‐Krise macht solche Veranstaltungen zurzeit unmöglich.
Am Montag lancierte Chanel seine neue Cruise‐Kollektion 2020/21 mit demTitel „Spaziergang am Mittelmeer“ (Balade en Méditerranée) in sozialen Medien, allen voran Instagram. Zu sehen sind in einem im Studio gedrehten Clip etwa 50 Entwürfe, darunter Schwarz‐weiß‐Looks, knappe Bustiers und enge Shorts.
Internet statt Capri
Eigentlich hätte die Kollektion am 7. Mai in Capri gezeigt werden sollen, die Show wurde jedoch wegen Corona abgesagt. „Eigentlich hatte ich für die Kollektion Capri im Sinn“, schrieb Chanel‐Kreativdirektorin Virginie Viard, die Nachfolgerin von Karl Lagerfeld.
„Wir mussten uns anpassen: Wir haben nicht nur beschlossen, Stoffe zu verwenden, die wir schon hatten, die Kollektion im Allgemeinen entwickelte sich auch mehr zu einer Reise durchs Mittelmeer... die Inseln, der Duft von Eukalyptus, die rosa Farbtöne der Bougainvillea/Drillingsblume.“
Einige Entwürfe sehen Sie in der Bildergalerie:
Anfang Mai gaben auch die Veranstalter der Pariser Fashion Week bekannt, die Haute-Couture‐ und Männermodeschauen online auszurichten. Die Kollektionen sollen vom 6. bis 13. Juli in Form von Filmen gezeigt werden, begleitet von anderen digitalen Inhalten.
Weniger Shows
Gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeit stellt sich nun die Frage, ob eine digitale Form der Modewoche auch über die Krise hinaus die Zukunft sein könnte. Zuletzt hatten sich viele Designer, darunter Dries Van Noten oder Alessandro Michele von Gucci, dafür ausgesprochen, nicht mehr so viele Shows zu veranstalten.
Dennoch scheinen die meisten Akteure der Branche am Konzept der physischen Modenschau festzuhalten. „Fashion Shows bleiben der beste Weg, um die Kreativität und das Know‐how einer Marke zum Ausdruck zu bringen“, sagte Chanel‐Chef Bruno Pavlovsky in einem Interview des Branchenblatts Women's Wear Daily. Das Haus hoffe, für die Prêt‐à‐Porter‐Schauen zurück im Pariser Grand Palais zu sein.
Kommentare