Meer & Trüffel: Warum sich jetzt eine Fahrt nach Istrien lohnt

Meer & Trüffel: Warum sich jetzt eine Fahrt nach Istrien lohnt
Hier geht’s lang ins Trüffelparadies, zu Weingenuss und Olivenöl der Weltklasse. Außerdem ganz nah - Rijeka, die Kulturhauptstadt 2020. Wir warten nicht auf den nächsten Badeurlaub, wir fahren jetzt noch einmal schnell runter.

In der Küstenstadt Rovinj ist es still geworden. Die Badesaison ist längst vorbei, man sieht Fischer ihre Netze flicken, jetzt haben sie Zeit und Ruhe. Erinnerungen an Ivo werden wach. Er war es, der uns im Sommer vor knapp zehn Jahren wild gestikulierend ins „Herz von Istrien“ schickte. Seine Heimat habe mehr zu bieten als nur das Meer. Er meinte die mittelalterlichen Bergdörfer  und das saftige Mirnatal im Hinterland. Ivo  hatte Recht.
 

 

Meer & Trüffel: Warum sich jetzt eine Fahrt nach Istrien lohnt

Der malerische Badeort Rovinj, an der Westküste Istriens, ist auch ein Ort für Genießer. Hier gab es 2017 den ersten Michelin-Stern für Kroatien
 

Auf geht’s Richtung Pazin, in die steinalte Stadt mit jungem Flair. Das Kastell von Pazin hockt seit  983 oder noch länger über der spektakulären Pazinčica- Schlucht, die Jules Verne zu seinem Abenteuerroman „Mathias Sandorf“ inspirierte. Er war nie hier, hätte aber sicher nichts dagegen, dass jedes Jahr die Jules-Verne-Tage gefeiert werden, mit Ausstellungen und Theater.
 

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Wasserfall in Pazin

Zwei alte  Frauen am Markt schimpfen darüber, was heute in der Tageszeitung  stand – diese Politiker! –  dann kaufen sie „Pršut“, den an der Luft getrockneten Rohschinken, und gehen lachend auseinander. „Pršut“ ist eines der vielen Genusserlebnisse Istriens. Er soll seinen Geschmack dem  Adria-Klima verdanken, aber vor allem der Bora, dem stürmischen Fallwind. Gut möglich, dass man das Glück hat, auf einer seiner Reisen in Inneristrien mit einem Bauern ins Gespräch zu kommen: Dann gibt’s    selbst gebrannten Schnaps, und er zeigt stolz seinen Schweinestall – in dem die Tiere gerade grunzend Kürbisse, Kohl und Futterrüben verputzen – und   den   riesigen Schinken, der an der äußeren Schicht die typisch leichte Schimmelbildung angesetzt hat. Wir erfahren, dass die Herstellung des „Istarski pršut“ seit Jahrhunderten überlieferten Regeln folgt, dann stoßen wir noch einmal an und dürfen nicht gehen, ohne eine Flasche seines Hausweines mitzunehmen. Als wir am nächsten Tag irgendwo bei Žminj eine längere Wanderung über Wäder, Dörfer und Wiesen machen, begegnen wir immer wieder Einheimischen in ihren Gärten, auf den Feldern, auf ihren Höfen, die uns  grüßend zuwinken.

Berühmtes Bergdorf

In Motovun, dem wohl berühmtesten Städtchen im Hinterland Istriens, drängeln sich die Busse, als wir ankommen. Sie karren  Reisegruppen, vor allem aus England, Japan und Deutschland, den steilen Weg in den Ort hinauf, spucken die Gäste aus, um sie später wieder einzusammeln. 400.000 Besucher zählt das Bergstädtchen inzwischen jährlich. In dieser Gegend erlangte 1999 die „größte weiße Trüffel der Welt“ (1,31 kg) durch das Guinness Buch der Rekorde Berühmtheit. Weinmacher Giancarlo Zigante hatte sie gefunden. 2018 legte er dann mit einer schwarzen Riesen-Sommer-Trüffel nach (4,874 kg). Solche Rekorde kurbeln  die Tourismuswirtschaft natürlich an, bringt den Menschen im dünn besiedelten Hinterland Perspektiven.
Dass die edlen Pilze im Mirnatal vor allem im Motovuner Wald, einem der letzten mediterranen Auwälder im Mittelmeerraum, sprießen, ist längst kein Geheimnis mehr. Obwohl die Schatzsuche nach der begehrten Knolle erst nach Ende des Kommunismus begann. Relativ spät   wurde entdeckt, welche wertvolle weiße Trüffel hier den Boden vergoldet. Das bringt  Kilopreise um mehrere tausend  Euro und lockte eine Zeit lang Trüffeltrickser aus dem Piemont an.

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Blick auf Motovun

Die Touristenbusse sind weg,  jetzt gehört Motovun uns, die begehbare Stadtmauer auf 277 Meter Höhe mit Blick auf den Flusslauf und saftiges Grün hat es uns angetan. Die Illyrer suchten hier einst Zuflucht, auch die Venezianer waren hier, ein Glockenturm aus dem 13. Jahrhundert erzählt ebenso von der Vergangenheit wie das Renaissance-Tor aus dem 17. Jahrhundert. Wir bestellen Trüffel-Pasta. In der Ferne tuckert ein Traktor, eine Katze schmiegt sich schnurrend an das alte, von der Sonne gewärmte Gemäuer und gähnt, während wir uns einfach nur still  freuen.

Wein und Olivenöl

Wer sich auf den Weg durch Istrien macht, kann sich  auf einen spannenden Roadtrip durchs Hügelland begeben – immer der Weinstraße „vinska cesta“ oder auch der Olivenölstraße „cesta maslinova ulja“ entlang. Eine App kann helfen,  sie führt  zu  den Genuss-Adressen rund um Wein,  Trüffel & Co. (www.istra.com/gourmet-app).
Keine schlechte Idee, ist die Gegend doch mittlerweile so gut mit Angeboten bestückt, dass man kaum nachkommt. So wurde das istrische Olivenöl schon zum vierten Mal hintereinander zum besten der Welt prämiert.
 

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Istriens Olivenöl ist preisgekrönt, als das beste der Welt. Immer der Olivenölstraße „cesta maslinova ulja“ entlang

Es geht weiter nach Hum, in die „Kleinste Stadt der Welt“, sie hat zirka zwanzig Einwohner und vermutlich ebenso viele Hühner. Außer ihnen begegnen wir heute niemandem. Auf dem Weg nach Hum, was übrigens  „Hügelchen“ heißt, hat das Navigationsgerät versagt. Ein besserer Wegweiser ist da die „Glagoliter-Allee“ – ein Andenken aus Steinen, das den Ort mit der Nachbarstadt Roc verbindet. Beides Zentren der altslawischen glagolitischen Schriftkultur.

Immer lebendig, bis auf den Spätherbst und Winter, ist es in den Städten am Meer. Dabei sagen Kenner, dass im Winter die besten Fische und Krustentiere aus der Adria gezogen werden. In Rovinj, wo die Dichte an Restaurants die größte ist, und in Novigrad haben sich längst Gourmettempel etabliert. Und am Limski-Kanal, dem fjordähnlichen Gebiet, das sich zwischen Vrsar und Rovinj,  ins Landesinnere zieht, soll es, so heißt es, die besten Austern geben. Im November werden die jungen Muscheln in Rautenkäfigen ausgesetzt. Drei Jahre werden sie gehegt, bis sie verkauft werden. Bei Emil Sošic soll es die besten geben, wenn er Zeit hat, bekommt man welche direkt aus dem Meer.
 

Wir wollen noch zur Hafenstadt Rijeka. Die gehört, wie die berühmte Promenade Lungomare bei  Opatija,  streng genommen nicht zu Istrien, sondern zur Kvarner Bucht, aber das macht nichts.
Kulturhauptstadt RijekaRijeka soll Kulturhauptstadt 2020 werden. Wir haben nicht viel Zeit, aber für einen Spaziergang auf dem Hafendamm reicht es allemal. Er bietet den Blick auf Schiffe, Mole und Meer und dreht man dem Meer ausnahmsweise den Rücken zu, sieht man, wie sich das Kastell von Trsat  über der Stadt erhebt. Hinauf geht es über 561 Treppen oder mit der Buslinie 2, ein hippes Ausgehviertel hat sich dort entwickelt, wir wollen aber nur eines: auf die Burg, den Sonnenuntergang über der Küste einfangen. Ein Lieblingsort.
Jeder, der nach Istrien kommt, kann seinen Lieblingsort finden. Ein paar Stunden – und wir sind da. Nicht nur physisch. Wer Istrien liebt,  fühlt sich sofort zuhause. Darum kommen  viele bereits seit  Jahrzehnten nach Rovinj, Novigrad oder Pula, haben Freunde oder Verwandte in Lovran  – und sind einfach meer- und genusssüchtig.

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Rijeka ist Kulturhauptstadt 2020: Der geflügelte Drache bewacht das  Kastell von Trsat, das über der Hafenstadt thront

Mit 19 Tipps durch Istrien

1. Motovun
 Sehenswert: Das berühmte Bergdorf mit seinen  begehbaren und vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauern.

2. Livade
Trüffeltage bis in den November hinein. Probieren, handeln, kaufen, mitnehmen, essen.
www.istra.hr/de/events

3. Buzet
Hier geht es zur Trüffeljägerin  Daniela Puh und ihren Hunden.
www.naturatartufi.com
 
4. Hum
Die „Kleinste Stadt der Welt“ mit rund 20 Einwohnern. 100 Meter lang, 35 Meter breit. Man will sie einmal gesehen haben.

5. Lovran
 Die Kvarner Bucht, die  gefühlt auch zu Istrien gehört. Morgenspaziergang am berühmten Lungomare.

6. Vojak
Höchster Berg Istriens  mit Blick in alle Richtungen. Angeblich bei gutem Wetter sogar bis Venedig

7. Rijeka – Molo Longo
Direkt  am Hafen – mit Blick auf die Burg Trsat (u.). Man kann  dort essen – und aufs Meer schauen.
http://mololongo.hr

8. Rijeka – Kastell von Trsat
Ein Lieblingsort für alle, die  Sonnenuntergänge lieben – mit Insel-, Meer- und Opatija-Blick.
www.visitrijeka.eu

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9. Grožnjan
Künstlerstädtchen. Mitte des 14. Jh. war es   unter  venezianischer Herrschaft. Das macht das Flair.

10. Momjan
In Fels gebautes stylisches   Weingut. (Wein in Istrien! Siehe auch Seite 70).
kozlovic.hr
 
11. Buje
Nicht nur Wein, auch  Grappa sowie eine private Bierbrauerei mit Spa.
www.clai.hr
www.bujska-pivovara.com
 
12. Agro Millo
Hier werden viele der preisgekrönten Olivenöle gepresst. Schon zu Zeiten der Römer war Istriens Öl das Beste.
www.agro-millo.hr

13. Labin
Hübscher, sehr sympathischer Ort direkt oberhalb der Küste.
www.rabac-labin.com
 
14. Gračišće
Ein Glockenturm zum Verlieben. Und die Burg der Familie Soardo-Bembo aus dem 15. Jh.  

15. Beram
Ein Dorf, das lebt. Die hübsche Kirche besuchen und Trüffelpasta essen  mit Aussicht ins Tal.  
Beram 41, Pazin 52000
 
16. Rovinj – Monte
Gourmetadresse  in Istrien. Das Monte bekam 2017 den  ersten  Michelin-Stern Kroatiens.
http://monte.hr

17. Villa Meneghetti
Relais & Chateaux-Landgut mit Weingut, Olivenölproduktion und Restaurant.
https://meneghetti.hr

18. Hotel Kukuriku
Klingt nach einem verrückten Hahn, ist aber ein feines Hotel – zwischen Opatija ud Lovran.   
www.kukuriku.hr

19. San Rocco
Heritage Hotel  in dem Ort mit unaussprechlichem Namen Brtonigla. Michelin-Stern für die Küche.
san-rocco.hr

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