Wie man zu seinem passenden E-Bike findet

Ein Mann hält ein blaues Fahrrad in einem Fahrradgeschäft hoch.
Service: Ein Wiener Fahrradhändler verkauft seine Räder nur nach eingehender Beratung.

Christian Dorfinger. Steht im Kalender. Montag, 9.30 Uhr. Wie andere zeitgleich einen Termin bei ihrer Friseurin oder beim Zahnarzt wahrnehmen, betreten wir das Fahrradhaus des Mechanikermeisters Franz Dorfinger in Wien-Floridsdorf.

„Mein Großvater hat Fahrräder nicht nur repariert“, erzählt Christian Dorfinger, der das Fahrradhaus in der Galvanigasse nunmehr in dritter Generation führt, gleich zu Beginn seines ersten Termins in der neuen Woche. „Er hat auch Rennräder gebaut.“

Ein Mann kniet vor einem Fahrradgeschäft und präsentiert ein orangefarbenes Orbea-Fahrrad.

Das Rad neu erfunden

Eigene Fahrradrahmen bauen, das bringt Dorfinger heute nicht mehr zusammen. Dazu ist die Welt des Rades zu global und zu spezialisiert geworden (die meisten Komponenten werden längst nicht mehr in Europa hergestellt).

Christian Dorfinger bietet seinen Kunden dennoch ein inzwischen sehr geschätztes Service: „Wer bei mir ein E-Bike kaufen möchte, bekommt einen Termin und wird vor dem Kauf genau beraten.“

Warum er das für nötig hält, wird der Radhändler oft gefragt. Und seine Antwort lautet seit einigen Jahren: „Weil E-Bike nicht E-Bike ist.“ Immer wenn es Frühjahr wird und die Radfahrer in großen Scharen Stadt und Land durchfahren, gibt es vonseiten der Industrie 1.000 neue technische Finessen. „Da wird es selbst für uns Händler schwierig, einigermaßen den Überblick zu behalten.“

Eine Frau lässt sich in einem Fahrradgeschäft für die optimale Sitzposition vermessen.

Vor dem Termin im Fahrradhaus hat jeder potenzielle E-Biker eine Hausaufgabe zu lösen. Die Frage hat Christian Dorfinger bereits am Telefon gestellt: „Wo genau möchten Sie mit Ihrem E-Bike fahren?“

Mögliche Gegensatzpaare sind: „Nur im Urlaub und ab und zu am Wochenende“ versus „Im Alltag, Sommer wie Winter für Fahrten zur Arbeit, mit Kindern, zum Einkaufen.“ Oder: „Als tägliches Transportmittel“ versus „Als Sportgerät auf Landstraßen oder im Mountainbike-Gelände.“

Den Four-Seasons-Bikern, die sich auch von Herbst und Winter nicht abhalten lassen, rät Christian Dorfinger zu einem robusteren E-Bike mit einer wartungsärmeren Kombination aus Riemenantrieb und Innengangschaltung. Den Freizeit-Radlern und Hobbysportlern bieten die Hersteller punkto Akkugröße und Fahrradgewicht spürbar leichtere Alternativen an.

„Wichtig sind aufgrund der erhöhten Kräfte, die bei einem E-Bike wirken, in jedem Fall hydraulische Bremsen“, betont der Fachmann, womit er auch schon bei einem ihm besonders wichtigen Punkt, der Verkehrssicherheit, angelangt ist: „Durch die zusätzliche Energie, die der Motor spendet, können auch wenig geübte Radfahrer ein für sie sehr hohes Tempo erreichen. Umso mehr müssen sie auf sich und andere Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehmen.“

Nahaufnahme vom Hinterrad eines Fahrrads mit Gangschaltung und Scheibenbremse.

Dreifaltigkeit für Radler

Der Opa Franz hätte gewiss eine Riesenfreude: So viele Rennräder, die in seinem Fahrradhaus in Floridsdorf wieder verkauft werden! Nach Jahren der Durststrecke in der Fahrradbranche wurde ausgerechnet das Rennrad mit Motorantrieb zu einem absoluten Verkaufsschlager.

Auch den Rennradlern gibt Christian Dorfinger Tipps mit auf den Weg: So sind die schlanken, teilweise im Rahmenrohr versteckten Akkus als ein Zusatzangebot für die Muskelleistung gedacht: „Für steile Anstiege oder Fahrten gegen den Wind.“ Wunder können auch sie nicht bewirken: „Ganz ohne Muskelkraft kommen auch die neuen E-Rennräder nicht aus.“

Weniger Freude hat der Händler mit den noch immer nicht ausgereiften digitalen Diebstahlsicherheitssystemen der Radhersteller: „Dank der Trackingtechnologie könnten wir da schon ein Stück weiter sein.“ Bleibt die gute alte Dreifaltigkeit für die Radfahrer: ein 100-Euro-Faltschloss, ein Schuss Hoffnung und dazu eine möglichst kulante Diebstahlversicherung.

Ein Mann mit Maske befestigt einen Akku an einem blauen E-Bike der Marke KTM Macina.

Lange Zähne

Und noch eines sollte jeder und jede, die jetzt Gusto auf ein E-Bike hat, bedenken. Christian Dorfinger führt aus: „Nach dem ersten Lockdown ging bei uns die Nachfrage nach Fahrrädern ganz allgemein durch die Decke.“ Nicht, dass er sich darüber beklagen möchte. „Aber gleichzeitig kämpfen die Hersteller mit Lieferverzögerungen, weil die meisten Komponenten in Südostasien produziert werden.“ Lange Zähne aufgrund wochenlanger Wartezeiten seien somit vorprogrammiert.

Einen Überblick der Marktneuheiten bietet das „Freizeit“-Magazin am Samstag.

Wie man zu seinem passenden E-Bike findet

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