Wie Herr Schreber in den Kleingarten kam

Meidlinger Kleingarten 1916
Ob Selbsternte-Initiativen oder Klimagärten – Grün zwischen Hochhäusern boomt. Wobei Kleingärten in Österreich und Europa lange Tradition haben.

Zu Kriegsende machte der Hunger selbst Hobby-Gärtner rebellisch: „Auf der Wasserwiese kam es zu einer wilden Landnahme – die Kleingarten-Bewegung hat sich illegal auf Exerzierplätze gesetzt“, erzählt Maria Auböck. Die Ziviltechnikerin beschäftigt sich seit den 1970er-Jahren mit Schrebergärten und deren Entwicklung. „Erst später wurde der Zustand von der Stadt Wien legalisiert. Denn ab 1919 nahmen sich die Sozialdemokraten dieses Problems besonders an: Viele Widmungen für Gartenland wurden möglich“.

Die Wasserwiese war seit jeher brach gelegen und hatte dem Militär jahrzehntelang als Exerzierplatz gedient. Die Grasnarbe war so verfilzt, dass sie mit einem Motorpflug aufgebrochen werden musste, ehe man etwas anzupflanzen konnte. Auböck: „Die Monarchie hat den Fehler gemacht, sich nur auf die Kriegsschauplätze zu konzentrieren. Die Versorgung der Millionenstadt Wien von Rumänien und Ungarn rauf war abgerissen.“ Der Hunger wuchs sich mit der spanischen Grippe 1920/’21 zur echten Katastrophe aus. Es waren die Kleingärten, die unzähligen Wienern das Leben retteten.

Vorbild Deutschland und Großbritannien

Keine zwanzig Jahre davor war die Kleingartenbewegung von Deutschland nach Österreich übergeschwappt (siehe Grafik unten): „In Purkersdorf bei Wien hatte sich eine Vegetarier-Kommune formiert, die bald einen Gartenverein gründete“, erzählt Auböck.

Dazu muss man wissen, dass die Wurzeln der Kleingartenbewegungen in den gewaltigen sozialen Veränderungen zu finden sind, die mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert einhergingen. Viele Menschen strömten in die stark wachsenden Städte, wo sie Arbeit in den neuen Fabriken fanden – erbärmliche Lebensbedingungen und Mangelernährung inklusive.

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