Die Geburt Christi mit seinem ursprünglich religiös geprägten Feierzyklus wird im 21. Jahrhundert noch immer hauptsächlich als Fest in der „nördlichen Hemisphäre und deren christlicher Geschichte“ wahrgenommen, schreibt Rakow.
Christlichen Enklaven in aller Welt zum Trotz muss allerdings gesagt werden: Weihnachten ist längst ein „multikulturelles, globales Fest“ geworden und in andere Kulturkreise vorgedrungen, gibt Nora Witzmann vom Volkskundemuseum in Wien im Katalog zur Ausstellung „Weihnachten noch Fragen?“ zu bedenken. Überall haben sich die verschiedensten Weihnachtsbräuche herausgebildet. Moderne Festdekorationen seien religionsunabhängig und ähneln sich in Dubai, Bangkok oder Schanghai.
Von Indien bis Afrika
Das Weihnachtsgeschehen ist mittlerweile rund um den Globus ein bestimmender Faktor geworden. Sogar bis ins indische Kerala, wo Papiersterne über den Eingangstüren montiert werden. In den Straßen von vielen afrikanischen Städten wird hingegen sogar Kunstschnee als Schmuck verteilt, um Weihnachtsstimmung zu simulieren. Was offensichtlich ein importiertes Brauchtum ist, zumal Weihnachten in Afrika im Hochsommer stattfindet.
Wie soll nun aber ein „richtiges“ Weihnachtsfest ausschauen? Idyllisch, mit Familie im Kerzenschein und viel Schnee, oder bunt und laut mit Lichterketten und Festbeleuchtung? Von Christkind versus Weihnachtsmann reden wir noch gar nicht. Vielleicht hilft es bei einer Einordnung, sich Witzmanns fachkundige Überlegungen vor Augen zu halten. Weihnachten, das im vierten Jahrhundert nach Christi Geburt entstand, wurde lange Zeit ausschließlich in der Kirche im Rahmen des Gottesdienstes gefeiert.
Romantisierendes Biedermeier-Erbe
Die heute noch sehr vertraute, romantisierende Vorstellung des Fests geht hingegen auf die Biedermeierzeit im 19. Jahrhundert zurück. „Das Idealbild des Biedermeier blieb in den Köpfen vieler bestehen, wurde eingefroren, so wie die Geburtsszene von Bethlehem in den Weihnachtskrippen für immer konserviert ist“, schreibt Witzmann.
Dabei ist dieser alljährliche Fixpunkt, der mit seinen regional höchst unterschiedlichen Bräuchen und Ritualen Sicherheit und Kontinuität vermittelt, im Grunde eine Geschichte von Veränderungen: Vom kirchlichen in den privaten Bereich und weiter in den kommerziellen – und vielleicht gerade jetzt wieder zurück. „Zum Weihnachtsfest gehören Dynamik und Veränderung“, befindet Nora Witzmann.
Die Konstante: Das Festessen
Japan Frittierte Hühnerteile sind fixer Bestandteil von japanischem Weihnachtsessen. Grund ist eine Werbekampagne der Fastfood-Kette „Kentucky Fried Chicken“ in den 1970er-Jahren.
Madagaskar Litschis gelten als weihnachtlicher Leckerbissen. Als Hauptgerichte kommen allerdings Eintopf mit Huhn oder Huhn mit Ingwer und Knoblauch auf den Tisch.
Brasilien Einen mitteleuropäischen Weihnachtsstollen oder einen italienischen Panettone würde man im tropischen Land des Samba nicht erwarten. Tatsächlich sind sie aber ein Erbe deutscher und italienischer Einwanderer.
Island Den im Inselstaat heimische Vogel Perlentaucher findet man geräuchert auf Weihnachtsbuffets.
Philippinen Als traditionelles Weihnachtsessen gilt ein Spanferkel.
Australien Die Küche bleibt aufgrund des zu Weihnachten herrschenden Hochsommers häufig kalt: Serviert werden auch auf der Nordhalbkugel übliche Speisen wie Truthahn oder Huhn. Statt des Ofens wird auf der Insel oft der Grill angeworfen und je nach Region auch mit Meeresfrüchten bestückt.
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