Billig und beliebt
Mit der alten und wertvollen Ressource wird allerdings äußerst verschwenderisch umgegangen. Wenn sie in Automotoren und Fabriken verbrannt wird, entstehen schädliche Treibhausgase, sie ist Hauptbestandteil von Plastik und auch in unzähligen Dingen enthalten, in denen man sie nicht vermuten würde – wie in Aspirin. „Das Schmerzmittel Ibuprofen besteht zu hundert Prozent aus Erdöl-Derivat“, erklärt Nagl im KURIER-Gespräch. Auch viele Antibiotika kommen nicht ohne den Rohstoff aus. „Er ist ein guter Träger für Wirkstoffe.“
In Kosmetika sind kleine Bestandteile der Ressource ebenfalls häufig enthalten, unter anderem, weil sie Duftstoffe gut einschließen.
„Nebenprodukte der Erdölindustrie sind nicht nur spottbillig, sondern weisen auch Unmengen an hervorragenden Eigenschaften wie Robustheit, Leichtigkeit oder medizinische Einsatzmöglichkeit auf. Für all diese Verwendungen Produkte zu finden, die weniger bedenklich sind, geht nicht von heute auf morgen“, fasst der im Hauptberuf als Kabarettist mit dem Künstlernamen Nikorrekt tätige Wiener zusammen. Seinem Buch merkt man den schier unstemmbaren Kraftakt an, das Thema Erdöl von allen Seiten zu beleuchten. Immer wieder verliert sich die „Dino-Diät“ in Schilderungen von Alltagsproblemen mit dem versuchten Verzicht – von der Zahnbürste bis zum Einmachglas.
Eigentlich wollte Nikolaus Nagl ein halbes Jahr ohne Erdölprodukte auskommen. Doch schon nach ersten Recherchen war klar: 100 Tage sind lange genug und es ist für ihn unmöglich, komplett erdölfrei zu leben. In seinem neuen Buch „Die Dino-Diät“ zeigt er auf, wo der enden wollende Rohstoff überall enthalten ist und welche Probleme er machen kann.
Dabei ist Erdöl per se nicht schlecht. Es ist ein Rohstoff, der schon im Zeitalter der Dinosaurier (daher der Buchtitel) begonnen hat, sich zu bilden. Das Stoffgemisch besteht hauptsächlich aus Kohlenwasserstoff und wurde aus organischen Materialien wie Algen – und zu minimalen Teilen auch aus Dinos – unter Druck und hohen Temperaturen umgewandelt.
Suche nach Alternativen
Die größte Problematik sieht Nagl neben dem CO2-Ausstoß zusammenfassend aber in der Produktion von Mikroplastik. Laut einer Studie der Boku Wien sind in der Donau abschnittsweise mehr Plastikpartikel als Fischlarven zu finden.
Dabei könne in diesem Bereich jeder ganz leicht etwas zur Reduktion beitragen: „Feste Handseifen verwenden, auch beim Duschgel und Waschmittel auf flüssige Produkte verzichten“, schlägt der 30-Jährige vor. Denn sie enthalten meist Mikrokunststoffe.
Viel von diesen Kleinstpartikeln gibt auch Kleidung aus Kunstfaser beim Waschen ins Abwasser ab. „Aber wenn ich eine wasserdichte Regenjacke will, kaufe ich auch eine aus Polyester“, gibt er offen zu. Zudem seien Alternativen wie die in der Herstellung stark energieverbrauchende Viskose auch nicht das Gelbe vom Ei.
Erdöl in der Küche
Einsparen könne man auch in der Küche – bei Schneidebrettern oder Aufbewahrungsboxen. Satt der Tupper-Dose setzt er auf Metallgeschirr (aus Weißblech) und Glasbehälter. Allerdings gibt Nagl zu bedenken, dass viele Glasflaschen für eine bessere Haptik mit einer dünnen Schicht Kunststoff überzogen sind. „Es gibt kein Entkommen, aber man kann mehr Bewusstsein für die Problematik schaffen und sich über neue Alternativen schlau machen.“ Die stecken zwar noch in den Kinderschuhen, aber es tut sich was.
Übrigens: Weit weniger bedenklich als angenommen findet er den Kauf von Plastikflaschen in Österreich. „Wir haben ein sehr gutes Recyclingsystem mit dem Gelben Sack, hier wird immerhin wiederverwertet.“
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