Unternehmenskultur hält vor allem Frauen vom Homeoffice ab

Viele Jobs ließen sich zumindest teilweise zu Hause erledigen – was den Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern würde.
Deutsche Forscherinnen haben untersucht, mit welchen Hürden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Thema Homeoffice konfrontiert sind.

Mehr Konzentration und Output, weniger Ablenkung und Stress: Aus der Sicht vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat das Arbeiten von zu Hause aus viele Vorteile. Oft sind Unternehmen beim sogenannten Homeoffice jedoch skeptisch.

Woran das liegt, haben sich Yvonne Lott, Forscherin am deutschen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, und Anja Abendroth von der Universität Bielefeld angesehen. Ihre neue Studie belegt, dass Barrieren, die sich aus der Unternehmenskultur ergeben, eine wichtige Rolle spielen, wenn Beschäftigte nie remote, also außerhalb der Gebäude des Dienstgebers, tätig sind. Es zeigte sich auch: Ein Recht auf Homeoffice würde vor allem Frauen helfen.

Für ihre Untersuchung werteten die Wissenschafterinnen einen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus, der repräsentativ für Unternehmen ab einer Zahl von 50 Beschäftigten ist. Darin enthalten sind Angaben von 1.800 Beschäftigten, warum sie kein Homeoffice in Anspruch nehmen.

Wenn Homeoffice verwehrt wird

Der häufigste Grund für den Verzicht auf Homeoffice: die Einschätzung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, dass Arbeit von zu Hause nicht zum Beruf passt. Das gaben knapp 80 Prozent der Befragten an, die mehrere Gründe nennen konnten. Fast 70 Prozent sagten, Anwesenheit am Arbeitsplatz sei dem Chef oder der Chefin wichtig. 60 Prozent hielten Arbeiten von daheim in ihrem Job für technisch unmöglich. Gut 14 Prozent der Befragten erklärten, ihre beruflichen Tätigkeiten ließen sich zwar auch vom heimischen Computer bewältigen, dies sei aber nicht erlaubt.

Und knapp sechs Prozent fürchten um ihre Karrierechancen, wenn sie zum Arbeiten nicht in die Firma kommen. Frauen gaben im Vergleich sehr viel häufiger an als Männer, dass Homeoffice nicht erlaubt sei. "Frauen bekommen generell seltener Zugang zum Homeoffice", sagte Lott dazu im Interview mit dem Spiegel. Ihnen werde zudem eher pauschal unterstellt, dass sie sich zu Hause nebenbei um Kinder und Haushalt kümmerten, statt konzentriert zu arbeiten, so ihre Beobachtung.

Angst vor negativen Konsequenzen

Weitere Berechnungen der Wissenschafterinnen zeigen: Ob Anwesenheitskultur und befürchtete Karrierehindernisse dem Homeoffice im Weg stehen, hängt von der Unternehmenskultur ab. Wo Wert auf Familienfreundlichkeit und Flexibilität im Sinne der Beschäftigten gelegt wird, setzen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher an den heimischen PC als in Firmen, in denen alle versuchen, den anderen ständig vorzuführen, wie hart sie arbeiten. Frauen halten kulturelle Barrieren öfter vom Homeoffice ab als Männer. Sie befürchten eher, sich mit Homeoffice aufs berufliche Abstellgleis zu begeben.

Umso wichtiger ist es aus Sicht der Forscherinnen, dass Beschäftigte, die gern von zu Hause arbeiten würden, Rückendeckung vom Gesetzgeber bekommen. Ein Recht auf Homeoffice würde ihre Wünsche legitimieren und ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitgeber verbessern.

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