„Natürlich kann es passieren, dass eine Gruppe am Vormittag läutet, wenn man noch nicht aufgestanden ist oder vielleicht gerade beim Frühstück sitzt“, sagt Georg Bauer von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar: „Aber das Öffnen der Tür ist ein Akt der Wertschätzung für das Engagement der österreichweit 85.000 Kinder und Jugendlichen.“ Denn auch diese könnten schließlich ihren Ferientag noch gemütlich zu Hause verbringen und sich ausschlafen: „Die als Heilige Drei Könige verkleideten Kinder sind bei jedem Wetter unterwegs – bei Regen, Schnee und Minusgraden.“
Gerade in den Städten müssen die Sternsinger damit rechnen, dass in vielen Wohnungen niemand anzutreffen ist. Noch enttäuschender ist es aber, wenn die Könige merken, dass jemand zu Hause ist oder die Tür nur einen Spalt geöffnet – und kommentarlos geschlossen – wird. „Auch deshalb ist es wichtig, dass die Kinder immer in einer Gruppe unterwegs sind, um dann gemeinsam auch über solche negativen Erlebnisse reden zu können“, weiß Bauer. Der Regelfall sei so ein Verhalten aber sowieso nicht, im Gegenteil: „Viele Menschen warten auf den Besuch – weil er eine willkommene Abwechslung ist und sie die Hilfsprojekte unterstützen wollen.“
Tee und Kekse
Viele Menschen würden einen Besuch auch extra vorab in der Pfarre terminlich fixieren – um sicher sein zu können, dass sie zu Hause sind bzw. die Sternsinger auch tatsächlich bei ihnen vorbeikommen. Und anstatt unfreundlicher Worte gibt es – gerade bei nasskaltem Wetter – in vielen Haushalten auch Tee und Kekse zur Stärkung.
Aber wenn man mit Religion und Kirche gar nichts am Hut hat, längst ausgetreten ist? „Unsere Sozial- und Menschenrechtsprojekte sollen einen Beitrag dazu leisten, dass alle Menschen ein gutes und sicheres Leben führen können, unabhängig von Hautfarbe, Religion oder ethnischer Zugehörigkeit“, betont Bauer. Das umfasst Programme für Straßenkinder ebenso wie Maßnahmen gegen Kinderarbeit oder Schutz vor sexueller Ausbeutung und Kinderhandel: „In Afrika haben wir viele kirchliche Projektpartner – die oft auch die zuverlässigsten sind –, in Indien aber zum Beispiel sind auch hinduistische und muslimische Organisationen unsere Ansprechpartner. Es geht um die konkrete Hilfe, nicht um eine Religion.“ Und die Kinder und Jugendlichen würden auch nie ihre Freizeit opfern, wenn sie nicht selbst von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns überzeugt wären.
„Ich mach’ ja eigentlich auch nicht auf – und nachher hab’ ich ein schlechtes Gewissen“, hat unlängst eine Kollegin mit Bedauern gesagt. In diesem Fall gibt es aber immerhin zwei Möglichkeiten zur Gewissensberuhigung: Die Tür im Nachhinein zu öffnen und nachzusehen, ob ein Infofolder mit Erlagschein zurückgelassen wurde. Oder – und das geht problemlos auch im Nachtgewand – einfach über www.sternsingen.at online die Sternsingerprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika finanziell zu unterstützen.
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