Der Film hieß „Rallye Paris – Dakar“. Eine Abenteuer-Doku-Improvisation. Mit Hanno Pöschl. Mit Hanno hatte ich bis dahin ein halbes Dutzend Filme gedreht. Zwei „Kottans“, „Kassbach“, „Santa Lucia“, „Phoenix ...“. Seine Filmpartnerin kannte ich nur von Fotos als Blumenkind neben Abi Ofarim (Anm. Sänger, Gitarrist, Musikproduzent, Tänzer und Choreograph).
Eine Frau zum Pferdestehlen
Sie strahlte mich an: „Iris! ich bin Iris.“ Vadim flüsterte: Sie hat noch allen den Kopf verdreht. „Ich bin Iris.“ Vadim: Mit ihr kannst du Pferde stehlen. „Ich bin Iris Berben.“
Vor zehn Jahren hat mir Iris Berben zum Geburtstag Folgendes geschrieben: „Ich möchte kein Filmangebot von P. P. missen. ,St. Petri Schnee’, ,Lex Minister’, ,Rochade’. Nie wurde Lebenszeit vergeudet. Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt und ich habe P. P. kennengelernt – so weit er es zulässt. Er ist wie der Refrain in ,The Joker’ von Steve Miller: ,I get my lovin’ on the run’.“
Iris, die Klare
Und jetzt darf ich mich bei Dir zu Deinem Geburtstag mit einigen Splittern aus der Erinnerung revanchieren.
Es war ein heißer, staubiger Sommertag. Der Drehort lag einige Auto-Fahrstunden hinter dem Eisernen Vorhang. Am Set hat nichts funktioniert. Konzepte und Details haben sich bekämpft. Die Versuche, eine Szene zu bewältigen, wurden zum Albtraum. Das Team war erschöpft. Das Tageslicht verglühte. Die bellende Stimme des von der Partei beauftragten Filmverantwortlichen war laut: „Schluss, Aus!“ Und (in Anspielung an den Filmtitel um die Schlacht von Stalingrad ...) „Hunde, wollt’ ihr ewig (leben) drehen!“
Stille, eingeschüchterte Blicke. Dann eine klare weibliche Stimme: „Ja, das wollen wir ...!“ Iris lachte den Film-Apparatschik ins Gesicht. Die Szene wurde beendet. Und sie wurde eine besondere.
Ein anderer Splitter ist wie ein Traum. Ich bewohnte das Atelier eines Freundes. „Es ist ruhig hier, manchmal kommt eine Schauspielerin vorbei. Lass’ sie ihr Ding machen.“ Tür zu. Nachts, ein schriller, hoher Ton weckt mich. Der Blick aus dem Fenster. Ein Maulbeerbaum, dahinter die Dachterrasse eines verfallenden Hauses. Ich sehe eine weiße Gestalt am Himmel.
Sie schwebt mit ausgebreiteten Armen. Von der Hand zum Fußgelenk, jeweils links und rechts den Körper entlang, ist eine Art Segel gespannt. Sie fliegt näher, landet grazil auf ihrer Dachterrasse, das Segel faltet sich und sie verschwindet in der Wohnung.
Berlin, Paris Bar
Berlin. Wir waren in der Paris Bar verabredet. Kurz, bevor Du durch die Tür tratst, hörte ich diesen schrillen hohen Ton von heute Nacht. Ich wollte mit Dir über die Geschichte sprechen. Aber Du kanntest sie offenbar. Du hast immer mit der Andeutung Deiner vielen verborgenen Ichs gespielt. Bist du die Auslöserin solcher Träume? Ich hielt Dir in letzter Minute die Hand vor die Lippen.
Es fielen mir die Zeilen des amerikanischen Schriftstellers Borden Deal ein: Der Mensch braucht seine Fabelwesen, seine Mythen und Legenden, um seine Ängste außerhalb von sich selbst „zu objektivieren, um sie mit der Kühnheit und Zuversicht des Menschen bekämpfen zu können. Denn der Mensch ist von allen das seltsamste Tier.“
Iris, die Magierin
Wir drehen ein Musikvideo für Christian Kolonovits. Iris macht mit. Entschlossen. Radikal. Stark.
„Lass' mich verschiedene Figuren in einer Szene spielen.“ Wir verabschieden uns. Unter dem Requisitenhaufen finde ich einen Gedichtband. Eine gefaltete Seite: „Nütze deine Zeit – bleib nicht zwischen Tür und Angel stehen ...“Iris wurde ein deutscher Star! Immer und überall war sie vorhanden. Auf den Plakatwänden, in den Akademien, Produktionen und in den Wohnzimmern ihrer Fans. Als Fremdenführerin, Spurensucherin, Auskunftsperson, Ratgeberin, Vorbild, als Steppenhexe und Echte Rose von Jericho.
Sie sucht Sterne
Ihr ganzes Rundherum machte mir klar, dass sie Sterne sucht und erreicht, die in einer anderen Galaxie leuchten, als die, die meine Reise bestimmen. Ihre Sterne haben Sie als Dank für ihre offene Erwartung geliebt, beschützt und belohnt.
Alles, was Du ab diesem Lebensabschnitt hinaus vor einer Kamera spielst – mach’ es für die, die eine Heimat suchen. Das Vergessen entledigt sich der Aktualität wie mit einem abgelaufenen Fertiggericht. Die Erinnerung ist anspruchsvoll und genau. Now so long, Iris ...
Tipp: Peter Patzak: Aus dem Archiv der Erinnerung, Gemälde 1980-2020 im Kunstforum Wien, Wien 1, Freyung 8 (2. bis 18.9.).
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