Fledermaus-Babys brabbeln wie Kleinkinder

Fledermaus-Babys brabbeln wie Kleinkinder
Und das sagt Forschern viel über die Sprachentwicklung von Menschen.

„dadada“, „mamama“, „baba“ – jeder, der Kinder hat, kennt die Stimmübungen, die als Babbeln bezeichnet werden und einen Meilenstein in der Sprachentwicklung von Kindern darstellt. Sogenannte kanonische Silben wie /da/ ba/ga/ sind für den Erfolgreichen Spracherwerb unerlässlich. Eine neue Studie von Wissenschafterin des Museums für Naturkunde Berlin in der Fachzeitschrift Science zeigt erstmals, dass das Babbelverhalten der Großen Sackflügelfledermaus (Saccopteryx bilineata) viele Parallelen zum Babbeln von Kleinkindern aufweist.

Mehr als alles andere definiert Sprache uns als Menschen. Der Sprechakt erfordert eine präzise Kontrolle über unseren Stimmapparat, vor allem über Bewegungen der Zunge, der Lippen und des Kiefers. Jedes Kleinkind steht vor der Herausforderung, ebendiese präzise Kontrolle zu erlangen, um Sprachlaute produzieren zu können. Diese Fertigkeit wird während des Babbelns eingeübt.

Brabbelphase

Die typische Sprachentwicklung eines Kleinkindes beinhaltet daher eine Babbelphase, unabhängig von kulturellen Einflüssen und der Muttersprache die erworben wird, und weist somit universelle Schlüsselmerkmale auf. Vergleichende Forschung zur vokalen Entwicklung von unterschiedlichen Tierarten verrät uns viel über unseren eigenen Spracherwerb.

Seltenes Phänomen bei Tieren

Besonders spannend sind Tierarten, die wie wir die Fähigkeit zur vokalen Imitation besitzen. Ein ähnliches Übungsverhalten wie das menschliche Babbeln ist jedoch ein äußerst seltenes Phänomen bei Tieren, bisher war es fast ausschließlich bei Singvögeln bekannt. Jetzt haben Ahana A. Fernandez, Lara S. Burchardt, Martina Nagy und Mirjam Knörnschild, das Babbelverhalten von 20 Fledermaus-Jungtieren in ihrem natürlichen Lebensraum in Panama und Costa Rica beobachtet und belauscht – von Geburt bis zur Entwöhnung (der Zeitpunkt, an dem die Mütter aufhören, ihre Jungen zu säugen).

43 Minuten Gebrabbel

Während durchschnittlich sieben Wochen ihrer Entwicklung babbeln die Jungtiere täglich. Das Babbeln ist durch lange, vielsilbige Sequenzen gekennzeichnet, die Silbentypen des adulten vokalen Repertoires beinhalten. „Das Babbeln der Jungtiere ist ein sehr auffälliges Übungsverhalten, es ist noch in beträchtlicher Entfernung zum Tagesquartiers zu hören und die einzelnen Babbelsequenzen können bis zu 43 Minuten andauern“, sagt Martina Nagy, „und während des Babbelns lernen die Jungtiere den Gesang der erwachsenen Männchen zu imitieren“.

Analyse

Zurück in Deutschland wurden die akustischen Aufnahmen analysiert, um die Eigenschaften des Babbelns zu untersuchen. Die Forscherinnen fanden heraus, dass das Babbeln der Fledermausjungtiere durch dieselben acht Merkmale gekennzeichnet ist, die auch menschliches Babbeln charakterisieren. „Zum Beispiel ist das Babbeln der Fledermausjungtiere durch die Wiederholung von Silben gekennzeichnet, ähnlich der charakteristischen Silbenwiederholung – /dadada/ – beim menschlichen Babbeln“, sagt Lara Burchardt.

Außerdem ist das Babbeln der Fledermausjungtiere rhythmisch und tritt bei allen männlichen und weiblichen Fledermausjungtieren auf – was in starkem Kontrast zu Singvögeln steht, bei denen nur junge Männchen babbeln.

Parallelen

„Es ist faszinierend, so deutliche Parallelen zwischen dem stimmlichen Übungsverhalten zweier vokal lernenden Säugetiere zu finden“, sagt Mirjam Knörnschild. „Unsere Studie leistet einen wichtigen Beitrag zur Biolinguistik, einem interdisziplinären Forschungsgebiet, das sich auf die biologischen Grundlagen der menschlichen Sprache konzentriert, um ihre Evolution zu untersuchen.“ Die Erforschung einer vokal lernenden, babbelnden Fledermausart könnte uns somit ein weiteres Puzzlestück liefern, um den evolutiven Ursprung menschlicher Sprache besser zu verstehen.

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