Eltern und Social Media: Zwischen Kontrollwahn und Kontrollverlust
Keine Angst! – Das ist wohl das wichtigste Mantra für Eltern in puncto Social Media und Kinder. Zumindest dann, wenn man Matthias Jax fragt. Er ist Projektleiter der Initiative „Safer Internet“ in Österreich. „In der Regel überwiegen die positiven Aspekte des Internets“ sagt er. Damit das aber so bleibt, ist Medienkompetenz gefragt. Wie verorten sich Eltern also am besten in dem ständigen Ringen zwischen Kontrollwahn und Kontrollverlust, wenn es um das Smartphone des Kindes geht? Der Experte hat einige Tipps verraten.
1. Vorbildwirkung:
„So wie wir das Smartphone nutzen, nutzen es später auch die eigenen Kinder“, sagt Jax. Vielen Eltern sei gar nicht bewusst, wie sehr ihr eigenes Verhalten die Kinder beeinflusst. Daher sein Tipp: Gemeinsam Regeln aufstellen. Dabei geht es weniger um den Inhalt dieser Regeln an sich, sondern viel mehr darum, sich das Handy-Verhalten überhaupt erst bewusst zu machen und darüber ins Gespräch zu kommen.
Beispiel: Ist das Smartphone am Mittagstisch erlaubt? Muss ich andere fragen, bevor ich sie fotografiere oder Fotos weiterschicke?
2. Interesse zeigen:
Sieht man als außenstehende Person unkommentiert ein TikTok Video, kann man sich schon einmal fragen: Was soll das eigentlich sein? „Und das ist auch okay“, beruhigt Jax. Als Erwachsener selbst auf TikTok zu sein, kann natürlich ganz neue Türen öffnen, ist aber definitiv nicht notwendig, um das Kind zu unterstützen.
Er rät, sich am Abend gemeinsam hinzusetzen und vorzuschlagen: „Zeig mir doch mal, was du auf TikTok so machst.“ So kommt man ins Gespräch. „Erwachsene haben da meistens schon ein ganz gutes Bauchgefühl, was sie den Jungen mitgeben wollen.“
3. Probleminhalte ansprechen:
Das Internet ist prinzipiell ein offener Raum. Dass das Kind also irgendwie, irgendwo etwas zu sehen bekommt, das Angst macht – damit muss man eigentlich rechnen. Manche technischen Tools können helfen, das digitale Leben kindgerecht einzugrenzen, etwa der Google Family Link oder auch die Apple Bildschirmzeit. „Das funktioniert aber nur bei den Kleinsten. Kinder lernen recht schnell, wie sie so etwas umgehen können.“
Wichtig ist also, Gesprächsraum dafür anzubieten. „Das Kind sollte den Erwachsenen dabei als Vertrauensperson sehen und keine Angst haben, dass dann geschimpft wird – sonst bleibt es mit dem Problem alleine.“
4. Keine Verbote:
Handyverbot oder Internetverbot sind also wenig hilfreich. „Einerseits ist generell alles, was verboten ist, für Kinder meist gleich doppelt so interessant“, weiß Jax.
Dazu kommt aber: Gibt es Verbote, schadet das der Gesprächsbasis. Hätte das Kind eigentlich Redebedarf, „traut es sich dann nichts zu sagen, aus Angst, dass jetzt das Handy ganz wegkommt oder es eine andere Strafe gibt.“ Daher lautet der Tipp von Jax, von Anfang an klarzustellen, „es kann sein, dass du über etwas stolperst, was dir Angst macht, das ist okay. Dann können wir einfach darüber reden.“
5. Nutzung hinauszögern:
Irgendwann kommt der Wunsch nach dem eigenen Smartphone. „Meistens ist das in der ersten oder zweiten Klasse Volksschule.“ Bis dahin rät Jax aber, sollte man das eigene Smartphone so lange wie möglich hinauszögern. Ein Familien-Tablet, gemeinsam das Smartphone der Eltern nutzen oder Alternativen aus der Offline-Welt sind in dieser Zeit besonders wichtig. Und wenn es dann doch so weit ist: „Lassen Sie ihr Kind nicht alleine damit. Reden und beschäftigen Sie sich gemeinsam.“
6. Selbst nachfragen:
Auch Erwachsene müssen und können nicht alles wissen. Es ist nicht notwendig, jeden Trend zu kennen oder zu verstehen. Wichtig ist zu wissen, wo man nachschauen kann. Safer Internet etwa sammelt viele Infos - und was einige vielleicht nicht wissen: Auch als erwachsene Bezugsperson kann man bei Rat auf Draht (147) anrufen und sich konkrete Hilfe holen.
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