Dieser Account zeigt auf, wie grotesk Instagram geworden ist

Dieser Account zeigt auf, wie grotesk Instagram geworden ist
Visueller Einheitsbrei: Die Jagd auf Likes führt dazu, dass inzwischen viele Fotos gleich aussehen.

Ein paar Wochen auf der Foto-Plattform Instagram können sich schon mal wie ein Déjà-vu anfühlen: Die Postings, vor allem Reisebilder, scheinen einander immer ähnlicher zu werden - wohl jeder kennt inzwischen das Motiv der Füße, die bei Sonnenaufgang aus einem Zelt ragen, den idyllischen Pragser Wildsee oder das Posieren vor nebelverhangenen Berggipfeln.

Ironischerweise sind es oft genau diese Beiträge, die mit Hashtags wie #liveauthentic (lebe authentisch), #adventure (Abenteuer) oder #exploretheworld (entdecke die Welt) versehen werden.

Ein Instagram-Account verdeutlicht auf künstlerische Art und Weise, wie monoton die Plattform mit einer Milliarde monatlicher Nutzer geworden ist. Hinter "Insta Repeat" steckt eine Künstlerin aus Alaska, die anonym bleiben und zum Nachdenken über vermeintliche Originalität in den sozialen Medien anregen möchte.

Vor drei Jahren hat sie begonnen, die populäre App nach gleichen Bildern zu durchforsten und daraus Collagen mit je zwölf Fotos zu basteln. Ihre Werke verdeutlichen, dass nicht nur die Motive, sondern auch die visuelle Bildsprache der Nutzer immer ähnlicher wird.

Das Projekt, dem heute nahezu 400.000 Menschen folgen, fokussiert sich hauptsächlich auf Reisebilder. In einem Interview mit dem Blog Photoshelter erklärte die Künstlerin, was sie auf die Idee zu Insta Repeat brachte: Zum einen habe sie sich gefragt, wie oft dieselben roten Hütten in ihrer Heimat Alaska im Netz gepostet werden können, bevor sie langweilig werden.

Zum anderen wunderte sie sich über den Überfluss an Kanu-Fotos auf Instagram. Nachsatz mit Augenzwinkern: "Ich wurde selber in einem Kanu fotografiert und habe Fotos von Kanus gemacht. Wir haben in der Vergangenheit alle Dinge getan, auf die wir nicht stolz sind."

Inzwischen haben sogar Studien belegt, dass immer mehr Reisende ihr Ziel nach dessen "Instagrammability" auswählen und die Foto-App bei Millennials als wichtigste Inspiration für Urlaubsdestination gilt.

In Zeiten von Corona haben sich die Motive gezwungenermaßen verändert - Bilder in einsamen Naturlandschaften sind aber begehrter denn je. Der deutsche Comedian Oliver Pocher machte sich in seiner "Bildschirmkontrolle" kürzlich über die vielen Influencerinnen lustig, die alle das gleiche Foto von ihren aus dem offenen Autofenster wehenden Haaren im Schnee posten.

Die Erfinderin von Insta Repeat möchte sich nicht (nur) über den Foto-Wahnsinn lustig machen, sondern eine Diskussion über die Dynamiken der Social-Media-Plattform anstoßen. Geht es den Instagrammern wirklich um die Natur - oder darum, mit ihrem Foto mehr Follower und Likes zu generieren, weil das mit dem gleichen Bild bereits jemand anderem gelungen ist? 

Derzeit haben Urlaubsfotos ja Sendepause - es bleibt also abzuwarten, ob die Motive in der neuen Reisenormalität nach der Pandemie vielfältiger sein werden oder ob der optische Einheitsbrei eine Fortsetzung findet.

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