Das Thermostat als Männerdomäne: Warum Frauen frieren müssen

Frauen setzen sich einer Studie zufolge bei der Thermostateinstellung seltener durch.
Winterliche Temperaturen veranlassen dazu, kräftig einzuheizen. Dabei herrscht nicht immer Gleichberechtigung.

Je kälter es wird, desto heißer umkämpft sind die Thermostate in den heimischen Wohnzimmern. Während Frauen kälteempfindlicher sind, reagieren Männer allgemein weniger sensibel auf die Zimmertemperatur. Auf welchen Wärmegrad man sich im Haushalt einigt, ist Verhandlungssache – und sorgt nicht selten für Diskussionen.

"Kampf ums Thermostat"

Was wie eine banale Alltagsszene klingt, haben Forscherinnen und Forscher der Ohio State University nun wissenschaftlich beleuchtet. Demnach verlieren Frauen den "Kampf ums Thermostat" häufiger; Männer setzen sich in puncto Zimmertemperatur öfter durch. Die Studie ist im Fachblatt PLOS ONE erschienen.

Zusammen mit ihrem Team nahm Umweltpsychologin und Studienleiterin Nicole Sintov das Verhalten in verschiedenen Haushalten unter die Lupe: "Wir hatten Mitbewohner in der Studie, wir hatten Eheleute und wir hatten Paare, die nicht verheiratet waren", erklärt Sintov gegenüber CNN, "und es zeigte sich, dass das Geschlecht hier eine bedeutende Rolle spielt".

Die Forscherinnen und Forscher baten Erwachsene in insgesamt 112 Haushalten im US-Bundesstaat Ohio, ein bis zwei Wochen lang täglich Tagebuch darüber zu führen, warum der Temperaturregler wie eingestellt wurde. Zudem wurde ihnen ein Fragebogen zum Ausfüllen vorgelegt. Männer gaben großteils an, dass Diskussionen darüber, ob man die Temperatur senken oder erhöhen solle, in einen "Kompromiss" oder eine "Übereinkunft" mündeten. Frauen nahmen diese Gespräche hingegen oft als "Konflikte" wahr.

Dies könne laut den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern daran liegen, dass Männer und Frauen Diskussionen allgemein unterschiedlich bewerten und einordnen. Aus den Tagebuchaufzeichnungen ging jedoch auch hervor, dass der Thermostat bei Uneinigkeit seltener angepasst wurde und Frauen öfter unzufrieden mit der Raumtemperatur waren.

"Es ist denkbar, dass Frauen den Kampf ums Thermostat verlieren", sagt Sintov, die erforscht, wie Menschen Entscheidungen treffen, die sich auf die Umwelt auswirken. Dies deute auch auf einen Gender Bias (geschlechtsbezogener Verzerrungseffekt Anm.) in gängigen Thermostateinstellungen hin, "der zu einer Umgebung zu Hause führt, die nicht den Wünschen der Frauen entspricht".

Sie friert, er schwitzt

Nicht nur zu Hause, auch am Arbeitsplatz entzweit die Frage nach der optimalen Raumtemperatur in der Regel die Geschlechter. Die Problematik kommt nicht von ungefähr: Niederländische Forschungen zeigten 2015, dass die Raumtemperatur in vielen Gebäuden nach der Körperwärme von Männern ausgerichtet ist.

Zurückzuführen sei das auf ein Modell zur Temperaturberechnung aus den Sechzigerjahren. Bei dieser orientierte man sich am Stoffwechsel eines 40 Jahre alten und 70 Kilogramm schweren Mannes. Nicht berücksichtigt wurde, dass Frauen bei gleicher Tätigkeit weniger Wärme produzieren. Im Rahmen der Studie wurden Frauen angehalten, in einem speziellen Raum Büroarbeiten zu verrichten. Dabei konnte festgestellt werden, dass ihre Stoffwechselrate 20 bis 32 Prozent niedriger ist, als im Modell vorgesehen.

Außerdem haben Frauen in der Regel eine geringere Muskelmasse als Männer, weswegen sie ebenfalls leichter frieren.

Das kann auch aus wirtschaftlicher Sicht negative Folgen haben: Wer sich nicht wohlfühlt, arbeitet möglicherweise weniger effizient und wird öfter krank. Tatsächlich sind Frauen in wärmeren Räumen leistungsfähiger. Das ergab erst heuer eine Studie vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) für Sozialforschung und der USC Marshall School of Business, Los Angeles.

Relevante Energiedaten

Wie Menschen bei Energieentscheidungen in einem Haushalt miteinander umgehen, sei bisher nicht erforscht worden, sagt Sintov. "Wir untersuchen in der Regel den Energieverbrauch oder die Stromrechnungen für den gesamten Haushalt, um Einblicke zu erhalten. Wir wollten nun aber unbedingt wissen, wie die Thermostateinstellungen gewählt werden und wie Diskussionen und Verhandlungen unter Haushaltsmitgliedern ablaufen."

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