Gemeinsam statt einsam
Seit März des Vorjahres leistet sich die niederösterreichische Marktgemeinde Zwentendorf an der Donau das, was Sozialminister Rudolf Anschober seit der Regierungsangelobung verspricht: eine Community Nurse nach internationalem Vorbild.
Rosa Maria Eglseer ist die Idealbesetzung – ein großes Glück für jenes Zwentendorf, das mit dem nicht in Betrieb genommenen Atomkraftwerk schon einmal landesweit für Aufsehen sorgte. Sie bringt alle Voraussetzungen für diese Aufgabe mit: Eine mit Diplom abgeschlossene Ausbildung, viel Erfahrung als Krankenschwester sowie als Führungskraft auf ganz unterschiedlichen Stationen in vier Bundesländern, vor allem aber: „Die Liebe zu den Menschen und die feste Überzeugung, dass wir Probleme gemeinsam leichter lösen können, als wenn die Menschen einsam sind.“
Im Schauraum einer ehemaligen Tischlerei in der Hauptstraße hat die „vitale Gemeinde“ ein eigenes Generationencafé eingerichtet. Es dient auch der Community Nurse als erste Anlaufstelle.
Wann immer sie dort zu sehen ist, kommen Bewohner aus Zwentendorf und den elf Umlandgemeinden mit sehr konkreten Fragen auf sie zu. Der medizinische Notfall ist dabei die Ausnahme, öfter bitten pflegende Angehörige und Menschen, die einsam sind, um ihren fachlichen Rat.
Die Zwentendorfer Bürgermeisterin Marion Török zählt in ihrer Gemeinde rund 4100 Hauptwohnsitzer. Ein Drittel ist – nicht anders als anderswo – älter als sechzig. Das sei noch einigermaßen normalverteilt, erklärt Török. Wenn jedoch die Tendenz zur Überalterung auch in ihrer Gemeinde anhält, dann stehen eher früher als später Versorgungsengpässe ins Haus.
„Ein Problem sind bei uns am Land vor allem jene, die sich nach ihrer Pensionierung immer mehr zurückziehen“, ergänzt Rosa Maria Eglseer. Je weniger sie physisch und auch geistig mobil sind, umso höher ist die Gefahr, dass sie vom Leben und von der Infrastruktur in der Gemeinde abgeschnitten werden.
Als Community Nurse sieht sich Eglseer auch als Vermittlerin zwischen den Menschen mit ernsten Sorgen und den bestehenden Betreuungsangeboten. Dabei fällt ihr ebenso auf, was die vom Land Kärnten eingesetzten Pflegekoordinatoren berichten: „Die Betroffenen und ihre Angehörigen wissen oft gar nicht, welche professionellen Hilfen sie in Anspruch nehmen können.“ Im persönlichen Gespräch lassen sich die Probleme oft schneller lösen. Eine wichtige Erfahrung der Community Nurse ist auch: „Viele Menschen drängt die Scham in den sozialen Rückzug.“
Aufgrund Corona ist Rosa Maria Eglseer doppelt und dreifach gefordert. Seit ihrem Dienstbeginn im März gelingt es ihr immer wieder, kleine und große Dramen in Zwentendorf zu verhindern. Etwa wenn ein älterer Herr verzweifelt, weil er von einem Tag auf den anderen keine Herzmedikamente mehr bekommt. Oder wenn eine Alleinverdienerin dringend jemanden für das Homeschooling ihrer Kinder benötigt. Oder wenn die 24-Stunden-Betreuerin aus der Slowakei nicht mehr einreisen darf.
Frage der Finanzierung
Für Bürgermeisterin Marion Török und ihre Mitarbeiter im Rathaus wurde die Community Nurse schnell zu einer Entlastung: „Zuvor schütteten die Leute uns ihr Herz aus, ohne dass wir ihnen zielgerichtet helfen konnten.“
Bleibt noch die Frage der langfristigen Finanzierung. Török sagt, dass ihre Gemeinde ein Drittel einer Vollzeitkraft bezahlen könnte. „Die restlichen zwei Drittel müssten dann allerdings der Bund und das Land bezahlen.“
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