Die Pille hat sich auch zum Lifestyle-Produkt entwickelt, das verschönert und Regelschmerzen verhindert. Typisch weibliche Probleme werden obsolet. In einem Essay heißt es, dass die Pille die Frauen „besser integrierbar in ein von Männern geschaffenes Erwerbssystem“ macht. Unter hormonellem Einfluss funktionieren Frauen „besser“.
Da ist viel dran – der Zyklus wird durch die Pille planbar, man funktioniert noch besser, auch als Arbeitskraft. Der Körper wird tatsächlich noch mehr funktionalisiert. Wir sollten trotzdem nicht die Freiheit unterschätzen, die wir durch den Wegfall der Angst vor ungewollter Schwangerschaft bekamen.
Warum gibt es die Pille für den Mann noch nicht?
Von der Forschung her wäre man längst so weit, aber weil so ein Produkt von den Männern nicht angenommen wird, kommt auch keines auf den Markt. Männer wollen sich das nicht antun und wären nicht diszipliniert genug, diese Verantwortung zu übernehmen. Sie sind außerdem sensibel, mögliche Nebenwirkungen betreffend, da steht die Potenz auf dem Spiel. Dazu kommt die Unsicherheit der Frauen, ob ein Mann die Pille tatsächlich konsequent einnimmt und nicht darauf vergisst.
Ist Verhütung in Ihren Beratungen ein häufiges Thema?
Gerade bei Beziehungskonflikten ist sie ein wesentlicher Aspekt, der zu Unstimmigkeiten beiträgt. Weil Frauen oft das Gefühl entwickeln, dass sie diesbezüglich viel übernehmen, die Männer hingegen nichts beitragen, sondern nur genießen, dass Frauen ihren Körper bereit und funktionierend halten. Das wird oft als Kränkung erlebt – er fragt nicht, er setzt das voraus. Es wird den Frauen automatisch zugemutet.
Haben Sie die Pille je genommen?
Sie wurde mir einst von der Gynäkologin als erstes Mittel der Wahl angeboten. Das war damals cool, es musste sein – nach dem Motto: Das gehört zum Frausein dazu. Sehr unreflektiert, im Nachhinein betrachtet eher schlimm. Viel später begann ich das zu hinterfragen, auch aufgrund unangenehmer Nebenwirkungen. Ich bin zum Schluss gekommen, dass das nicht das einzige Mittel und nicht unbedingt das beste für mich ist.
Was würden Sie jungen Frauen diesbezüglich ans Herz legen?
Sich Zeit zu geben, sich nicht drängen zu lassen und sich selbst nicht zu drängen. Mit Gleichgesinnten darüber zu sprechen, weil alle ähnliche Anliegen haben und es bestärkt, wenn das gemeinsam angegangen wird. Ich empfehle außerdem, sich gut zu informieren – sich zum Beispiel bei frauenspezifischen, feministischen Gesundheitszentren beraten zu lassen und sich eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen zu suchen, die/der sich viel Zeit nimmt.
Buchtipp: „Reparaturprojekt Mann, Erholungsgebiet Frau“, Bettina Zehetner, diametric-verlag
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