Pauschal lässt sich das nicht beantworten: In den 60ern gab es eine langjährige Periode relativ kalter Winter. In dieser war Schnee zu Weihnachten eindeutig häufiger als heute, weiß Alexander Orlik, Klimatologe von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Seitdem ist die Chance auf weiße Weihnachten stetig gesunken, in tiefen Lagen hat sie sich laut dem Experten in den letzten Jahrzehnten halbiert. Eine geschlossene Schneedecke sei dort aber schon immer ein seltenes Ereignis gewesen. Auch für dieses Jahr spricht die Statistik dagegen, „man kann sich aber an dem Strohhalm festhalten, dass es schon lange keine weißen Weihnachten mehr gegeben hat“, sagt Orlik.
Trotz dieser unerfreulichen Prognose träumen wir jedes Jahr aufs Neue von White Christmas (eines der am meisten gespielten und verkauften Lieder überhaupt), einem Spaziergang in Winter Wonderland, während der Schnee leise rieselt, und hoffen auf Besuch von Schneeflöckchen-Weißröckchen an unserem Fenster. Das gilt auch für die Autorin dieser Zeilen, die in den 60er-Jahren noch lange nicht auf der Welt war, sich dennoch an weiße Weihnachten in der Kindheit zu erinnern glaubt und sich diese zurückwünscht.
Woher kommt also die kollektive Sehnsucht? Immerhin finden sich auch in der biblischen Weihnachtsgeschichte keinerlei Hinweise auf Schnee. Zum Teil ist sie ein Produkt unserer Kultur: Die Erzählung von schneereichen Feiertagen ist bis heute in Werbung, Film, Fernsehen und Büchern präsent. Keine neue Entwicklung: Der Schweizer Klimaforscherin Martine Rebetz fiel auf, dass Weihnachtskarten, die zuvor mit herbstlichen Motiven versehen waren, ab 1860 zunehmend winterlicher gestaltet wurden. Bilder, die schon damals zu schön waren, um wahr zu sein.
Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.
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