"Meine erste Flugvorführung habe ich 1987 erlebt. Da haben mich sofort die Greifvögel fasziniert“, sagt Monika Hiebeler. „Der Falkner setzte mir damals erst einen Uhu auf die Faust, dann einen Falken und danach einen Steinadler. Das war dann ’mein’ Vogel.“
Seitdem sind zwar ein paar Jahre vergangen, aber die resolute Waldviertlerin hat sich ihren Traum erfüllt und gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter Doris das Greifvogelzentrum Schloss Waldreichs aufgebaut. Die freizeit besuchte die Falknerinnen in Niederösterreich, um mehr über Falkenjagd und Greifvögel zu erfahren.
Die Falknerei in der Nähe von Gut Ottenstein, bietet neben Flugvorführungen mit Falken, Seeadlern und anderen Greifvögeln auch Falknerausbildungen an. Sogar eine kleine Falkenzucht gehört dazu. Ein eigener Vogelpark, umgeben von Buchsbäumen mit zertifizierten Volieren, in denen Schnee-Eulen, Käuzchen, Geier und Seeadler sitzen, soll Besuchern die Faszination dieser Tiere näher bringen.
Das umfangreiche Museum, das in einem Nebentrakt des Schlosses untergebracht ist, wurde von Josef Hiebeler mit handgefertigten Unikaten, wie kunstvoll gearbeiteten Lederhauben für Greifvögel, ausgestattet. Hier erfahren Interessierte alles über Tradition und Geschichte eines Berufes, der zu den ältesten der Welt zählt und von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erhoben wurde – mit der Aufgabe, Jagd, Zucht und Konservation zu schützen.
„Als wir vor elf Jahren hierher kamen war nichts da, außer das alte Schloss“, erzählt Hiebeler, die in der Nähe in einer Landwirtschaft aufwuchs. Mittlerweile wurde das Gelände rund um Schloss und Schlossteich mit einem Vogelpark, Teichwanderweg und Falknerstüberl erweitert.
Schnee-Eulen und Falkenflug
Monika Hiebeler stellt gleich zu Beginn unserer Tour durch das Greifvogelzentrum eines klar: hinter Vogelzucht und Falknerei stecken viel Arbeit und Know-how. Wer glaubt, schnell mal einen Vogel fliegen lassen zu können, irrt. „Vögel sind kein Spielzeug. Wer Falkner werden will, muss erst einmal die Jagdprüfung machen“, sagt sie. Auch wer Kurse für das Einjagen von Harris Hawk (Wüstenbussarde) belegen will, braucht einen Jagdschein. Im Vogelpark angekommen, erzählt Hiebeler vor der Voliere eines prächtigen Schnee-Eulen-Paares: „Eulen sind Frauentiere. Jede Besucherin will sie aus dem Käfig holen und streicheln.“ Verständlich, denn das braun-weiße Weibchen kommt zutraulich näher und zeigt seine gefiederten Beinhosen, während das schneeweiße Männchen schüchtern hinten sitzen bleibt. Bei dem Anblick der märchenhaften Tiere, versteht man gut, dass Eulen im Altertum als die Hüter des Wissens und der Weisheit und auch als Glücksbringer galten.
Aber in den Volieren sitzen auch alle Arten von Greifvögeln, wie Falken, Adler, Bussarde, Habichte und Geier. Für die Flugvorführungen muss natürlich trainiert werden, Jungvögel starten damit, sobald sie flugfähig sind. Hat man so einen prächtigen Jagdfalken dann auf dem Arm, braucht man entsprechende Muskelkraft. „Wir Frauen müssen viel mehr mit der Technik machen als die Männer. Das Gewicht von so einem Adler, der circa 7.000 Gramm schwer ist, spürt man vielleicht nicht sofort während der Jagd selbst, aber spätestens dann am nächsten Tag“, so Hiebeler.
„Mein Lieblingsvogel für die Jagd ist der Habicht“, sagt Tochter Doris (sie ist auch auf dem Foto ganz oben mit einem Sakerfalken vor Schloss Waldreichs zu sehen), „er passt genau zu meiner Größe, ist aber nicht so leicht abzutragen wie ein Wüstenbussard.“ Als Falknermeisterin wirkte sie kürzlich sogar in einem finnischen Filmprojekt über naturbezogene Berufe mit.
„Die Kunst in der Falknerei ist es, dem Greifvogel jeden Tag die Freiheit zu schenken und ihn so an sich zu binden, dass er trotzdem immer wieder zurückkehrt“, ist ein Falkner-Spruch, den beide immer aufs Neue erproben. Jagdbeute wird zwischen Falkner und Greifvogel gerecht aufgeteilt. „Die Grundidee der Falknerei ist es, eine Partnerschaft mit dem Tier einzugehen.
Ein Teil ist für die Küche, ein Teil für den Vogel“, so Hiebeler, „alles wird verwertet. Oft muss man ganz schön weit laufen, um die Fasane oder Feldhasen zu finden“. Dass ein Adler seine Beute dem Falkner freiwillig überlässt, ist die Kunst der Falknerei, eine Kulturtechnik die bereits auf 3.000 Jahre Tradition zurückblickt. Vor der Erfindung der Schusswaffe setzte man die Vögel noch zur Jagd auf Kleinwild ein, seit Ende des 19. Jahrhunderts ging die Beizjagd erheblich zurück.
Heute werden Greifvögel immer öfter für Vergrämung von Krähen und Tauben eingesetzt. Habichte und Wanderfalken machen dann Jagd auf unliebsame Krähen, etwa in Autoparks oder Mülldeponien.
Mittlerweile sind wir auf der weitläufigen Flugwiese angekommen. Ein Falknerkollege steht am unteren Ende des Hanges mit einem prächtigen Riesenseeadler namens „Putina“ auf dem Arm. Was ist eigentlich das Geheimnis dahinter, dass der Vogel von A nach B fliegt und zurückkommt?„Das ist die Kunst der Falknerei.
Man muss eine persönliche Bindung zu dem Tier aufbauen. Warten, bis der Vogel startbereit ist, dann fliegt er von selbst los. Adler sind besonders personenbezogen, Vertrauen ist wichtig“, sagt Monika Hiebeler. Die Falknerin gibt ein Zeichen und Putina landet nach dem Flug über die Wiese punktgenau auf ihrem Arm.
INFOS
Ein Ausflug zu Flugvorführung, Eulenpark und köstlichem Bio-Karpfen im Schloss-Stüberl lohnt sich. Freitags findet hier auch ein Markt mit Wild- und Fischspezialitäten statt, https://www.greifvogelzentrum.at
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