Gibt es etwa Hühner, die goldene Eier legen? Einen Versuch wäre es wert, denken offenbar immer mehr Liebhaber des Federviehs. Denn der Trend, ein bisschen Bauernhoffeeling auch in dicht verbaute Städte zu bringen, hält an. Auf dem Balkon oder im Garten. Laut Statistik Austria gibt es in Wien allein etwa 3.350 Hühner.
Ein Hahn als Nachbar? Ist das überhaupt erlaubt? Lautes Hühnergackern und ein Hahnenschrei bei Morgengrauen sind ja nicht jedermanns Sache. Wer einen Hühnerstall auf seinem Balkon oder im Garten aufstellen möchte, muss deshalb einiges bedenken. Bewilligungen werden von Bezirk zu Bezirk und von Land zu Land unterschiedlich geregelt und hängen auch von der Zustimmung des Vermieters ab. Besonders in den grünen Bezirken Wiens scheinen Hühner willkommen, die hat ihre Besitzer über das Hendl-Glück befragt.
Hühner auf dem Balkon
„Vermutlich werde ich mir als Nächstes Wachteln halten, wenn die Sanierungsarbeiten auf meinem Balkon beendet sind“, sagt Yamuna Valenta. Die Industrial-Designerin entwickelte als Diplomprojekt an der Wiener Universität für Angewandte Kunst Wien eine Urban Chicken Farm, die für Balkone in Gemeindebauten gedacht war.
Sie hielt sich selbst zwei Hennen in Wien, Fatima, ein Deutsches Reichshuhn, und Luzifer, ein gesperbertes Huhn. „Hühner sind die besseren Katzen“, sagt die Designerin, die auch den Blog „Urban Chicken Project“ gründete. „Aber um sich Hühner im dicht bebauten Stadtgebiet zu halten, muss man einige Hürden nehmen.“ Stadthühner müssen dem Veterinäramt gemeldet werden, die Hausverwaltung muss zustimmen, und auch die Nachbarn haben letztendlich ein Wörtchen mitzureden. „Aber laut sind die Hühner eigentlich nicht“, so Valenta, „denn sie gackern nur ab und zu, wenn sie ein Ei gelegt haben.“ Und das kommt bei Rassehühnern und Stadthühnern gar nicht so oft vor, wie man glaubt.
Klug und zutraulich
Den Traum vom frischen Frühstücksei aus dem eigenen Hühnerstall hat sich auch Suncica Wilhelmer erfüllt. „Meine Oma sagte schon immer, Hühner machen glücklich und mit Hühnern wird alles gut. Und meine Nachbarn finden das sehr lustig, dass in meinem Garten neun Hendln und ein Hahn herumflattern.“ Doch nur von „Hendln“ zu sprechen, wäre schlicht untertrieben, denn es handelt sich immerhin um prächtige Rassehühner.
„Cacy, Cacy“, ruft Frau Wilhelmer in ihren Garten hinein. Und schon kommt aus der frei laufenden Hühnerschar eine schwarze Paduaner-Henne daher. Vor den Füßen der Architektin bleibt sie stehen und will hochgenommen werden. „Cacy ist besonders klug und zahm“, erzählt die Architektin und zeigt uns die frisch gelegten Eier im Designer-Hühnerstall.
Da gibt es Farbnuancen zwischen Weiß, Rosa, Hellgrün und Türkis. Ideale Ostereier also, die man nicht einmal bemalen müsste. Wovon hängt die unterschiedliche Färbung ab? „Es ist nur die Rasse die da mitspielt. Es gibt Grünleger, Türkisblauleger und viele weitere“, erklärt Wilhelmer.
Und weil auf ihrer Wiese wunderschön gescheckte Paduanerinnen, orangefarbene Araucana, graue chinesische Seidenhennen herumspazieren, müssten ja täglich mindestens neun Eier im Nest liegen, oder? Eher nein, denn nicht jedes Huhn legt jeden Tag ein Ei. Während es Legehennen auf 280 bis 300 Eier pro Jahr bringen, legen frei lebende Hühner, wie diese, zwischen 180 und 220 Eier pro Jahr.
Die Paduanerinnen legen mehr als die anderen Rassen, dafür sind Seidenhühner besonders brutfreudig. Mitten im 13. Wiener Bezirk lauern aber auch Gefahren. „Einmal kam leider der Fuchs. Wahrscheinlich derselbe, der laut Nachbarn immer beim Café Dommayer gesichtet wird. Er grub sich unter unserem Zaun durch und holte sich eine Henne. Auch vor den Krähen müssen wir uns manchmal in Acht nehmen. Die schnappen sich die kleinen Küken manchmal im Flug“, erzählt die Hobby-Hühnerhalterin weiter.
Ob sich niemand wegen des Kikeriki am frühen Morgen aufregt? „Unseren ersten Hahn haben wir aufs Land weitergegeben, weil er zu laut war. Jetzt haben wir einen kleinen Seidenhahn. Diese Rasse kräht nur leise und stört daher niemanden.“
„Fuchs du hast das Hendl gestohlen“, hieß es auch in diesem Hietzinger Garten: „Bei uns leben momentan nur mehr zwei Hühner. Früher hatten wir sogar sechs, aber dann kam der Fuchs ...“, erzählt Dominik Nostitz, der seit ein paar Jahren die Hennen Frederike und Hanni hält, seinen Kindern zuliebe. „Wenn unsere Hennen glücklich sind, legen sie ein Ei. Fühlen sie sich vernachlässigt, geben sie nichts zurück. Die Hühner sollen meinen Kindern den Kreislauf der Natur beibringen“, so der Musiker.
Die beiden Königsberger werden von den Kindern betreut. „Als Grundnahrung füttern wir einen Biokörnermix. Praktisch ist auch die Resteverwertung, Reis, Nudeln, Brot, das fressen sie gerne.“
Wissenswertes über Hühner
Hätten Sie gewusst, dass Hühner bis zu 100 Gesichter ihrer Artgenossen unterscheiden und Menschen sogar wiedererkennen können? Auch, dass Hühner gerne Sonnenbäder nehmen, Farben differenzieren und sogar träumen, ist wenig bekannt. Oder dass eine Henne ihrem Küken, wenn es noch im Ei ist, Laute beibringt. Also von wegen dummes Huhn. Da lachen ja die Hühner!
Hühnerställe vom Designer
Neben Yamuna Valenta, beschäftigte sich auch Designer Martin Mühlböck mit dem Thema Hühnerstall. "Wir haben damals mit der Kunstuni drei Siegermodelle als Prototypen gebaut nach dem vorgegebenen Design". Er entwarf selbst, als leidenschaftlicher Radfahrer, das sportliche chicken velo aus Fichtenmassivholz mit Radreifen und "gelben Trikot".
Die Eierabnahme, Versorgung mit Futter sowie die Reinigung erfolgt durch von außen öffenbare Drehtüren. Im Sandbad halten sich die Hühner frei von Milben. Das abnehmbare waschbare Zeltdach spendet Schatten und ermöglich den Freilauf bei Vogelgrippe. Inkl. elektronischem solarbetriebenen Pförtner mit Dämmerungsschalter. Erhältlich über https://www.muehlboeck.at
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