Warum die Europäische Auster aus der Nordsee verschwand

Warum die Europäische Auster aus der Nordsee verschwand
Vor 150 Jahren war die Europäische Auster Ostrea edulis an den europäischen Küsten eine weit verbreitete Delikatesse.

Heute wird die Europäische Auster Ostrea edulis gerne an den europäischen Küsten verspeist und ist vom Aussterben bedroht. Seit den 1930ern kommt sie in der Nordsee überhaupt nicht mehr vor.

Schuld sei die industrielle Überfischung, so die bisherige Annahme, die jetzt widerlegt wurde.

Wissenschaftler des Zoologischen Museums und des Instituts für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) vermuten, dass diese Austernart sich so gut an die extremen Lebensbedingungen des Wattenmeeres angepasst habe, dass sie auf äußere Veränderungen nicht mehr reagieren konnte.

Historische Austern zeigten große genetische Unterschiede

Das legen DNA-Analysen von Austernschalen nahe, mit denen die Forschenden jetzt erstmals die historische Verbreitung und die genetische Vielfalt der Europäischen Auster nachweisen konnten.

Grundlage der Studie, die kürzlich im Fachmagazin Scientific Reports erschien, ist die Sammlung von Austernschalen des Zoologischen Museums Kiel.

Die Erkenntnisse könnten für aktuelle Programme zur Wiederansiedelung der Europäischen Auster wichtig sein.

"Solche historischen Gensequenzierungen sind sehr aufwendig, weil sich über die Jahre oft schon ein Großteil der DNA zersetzt hat. Hier konnten wir aber erstaunlich gute Ergebnisse erzielen", ergänzt Ben Krause-Kyora. So war das Forschungsteam überrascht, wie sehr sich die untersuchten Austern aus den einzelnen Regionen genetisch unterscheiden.

"Denn normalerweise sorgt die Meeresströmung in Küstenregionen für Austausch unter den Populationen, ihr genetisches Bild hätte also relativ ähnlich sein müssen“, erklärt Marine-Populationsgenetikerin Christine Ewers-Saucedo vom Zoologischen Museum.

Die Auster war zu wenig flexibel

Vor allem die Austernexemplare, die ursprünglich im Wattenmeer heimisch waren, unterscheiden sich genetisch deutlich von denen aus anderen Verbreitungsgebieten, so ein Ergebnis der Studie.

Für das Forschungsteam ist das ein Indiz dafür, wie gut sich die Europäische Auster im Laufe der Zeit an die extremen Lebensbedingungen im Wattenmeer mit stark schwankenden Wasserständen, Temperaturen und Salzgehalten angepasst hat.

Genau das dürfte ihr zum Verhängnis geworden sein: Auf klimatische Veränderungen und neue Krankheitserreger konnte sie anscheinend nicht mehr flexibel reagieren und starb im Wattenmeer - befördert durch die starke Überfischung in den 1930er Jahren - schließlich aus.

"Dafür spricht auch, dass dort spätere Ansiedelungsversuche aus anderen Gebieten Europas nicht erfolgreich waren – diese Austern hatten nicht die passenden genetischen Voraussetzungen", so Ewers-Saucedo.

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