Wie sie zustande kam, darüber könnten die Familien Gürtler und Winkler, die das Traditionshaus neben der Wiener Oper jetzt führen, natürlich nobles Stillschweigen bewahren und sich über das wertvolle Stück im Archiv des heutigen Luxushotels freuen. Alexandra Winkler sieht das anders: „Das Sacher hat so vieles erlebt und gesehen, das soll auch geteilt werden.“
Bis Ende Juni wird die Geschichte hinter der kaiserlichen Unterschrift im temporären Pop-up-Museum „Sacher Welt“ ebenso gelüftet wie etwa jene des Tafelsilbers von Kronprinz Rudolph, das ursprünglich zum Schloss Mayerling gehörte.
In fast 150 Jahren haben sich neben Geschichten und Geheimnissen zudem zahlreiche Exponate gesammelt – die meisten dieser Originale waren noch nie zu sehen. Das Hotel befand sich immer in Familienbesitz, jede Generation prägte das Haus. Da gibt es etwa Menükarten, deren Gestaltung Anna Sacher selbst in Auftrag gegeben hat und die legendäre Chefin als Förderin moderner Künstler offenbart.
„Sie ließ die Menükarten immer von jungen Künstlern gestalten“, weiß Alexandra Winkler. Sie hat sich für die Sacher-Welt auch für eine originale Rechnung einer Sachertorte entschieden, die Kaiserin Elisabeth einst bestellt hatte.
Berühmte Torte und Skulptur
Die berühmte Torte fehlt natürlich nicht in der Sammlung – wenn auch nicht das geheime Originalrezept, so kann man etliche Interpretationen von Sacher-Mitarbeitern lesen. Alexandra Winkler verrät nur so viel: „Mehr als Butter, Zucker, Eier, Schokolade, Mehl und Marillenmarmelade ist es nicht.“ Mit viel Handarbeit – in 34 Schritten zur fertigen Torte. Die Patissiers gestalteten zudem eine Skulptur aus 80 Kilogramm Schokolade.
Viel Platz wird ebenso der Tischkultur im Wandel der Zeit eingeräumt: Anhand von Champagnergläsern oder Silberbesteck werden die jeweiligen Moden gut sichtbar. Die Schaustücke wurden in 13 Stationen gruppiert und dass dies in den Räumlichkeiten des Hotel – im Mezzanin des „Sacher Eck“ – stattfinden kann, ist unter anderem der Pandemie geschuldet.
Interesse? Ja sicher!
Winkler und Hoteldirektor Andreas Kneese sahen in der Krise der ausbleibenden internationalen Gäste eine Chance, um das Haus stärker für lokales Publikum zu öffnen. „Die Idee zu einer Ausstellung gab es schon länger. Ich habe mich aber gefragt, ob das für das lokale Publikum überhaupt interessant sein könnte.“ Für Kneese, der erst seit Kurzem das Haus leitet und den Blick von außen mitbringt, stellte sich diese Frage gar nicht erst. „Die Neugier und das Bedürfnis, in die Geschichte einzutauchen, ist spürbar.“ Es gebe viele Hotels in Wien, „aber das Sacher ist einzigartig“.
Was uns wieder zu Anna Sachers Tischtuch führt. Wie sie zur Unterschrift des Kaisers kam, dürfte ebenso einzigartig sein: Da sie mit Katharina Schratt, der Freundin des Kaisers, befreundet war, bat sie diese um Hilfe. Und die Schratt ließ den Kaiser auf einer Serviette unterschreiben. Das Stück Stoff arbeitete Anna Sacher eigenhändig ins Tischtuch ein.
Info Sacher Pop-up-Welt
Von 2. bis 30. Juni 2021 (Mo bis Fr, 10 bis 18 Uhr, Eintritt 10 €). Beinhaltet Geschichte der Torte, Kaffeehauskultur, Tischkultur vom 19. Jh. bis 2020, historische Schaustücke, Möbel. Audio-Guide mit „Anna Sacher“(gesprochen von Marianne Nentwich)
Kommentare