Gastro-Lockdown: Wohin mit den Martinigänsen?

Martinigansl
Der Ausfall ihrer Hauptsaison stellt Gänsezüchter heuer vor neue Herausforderungen

Was in normalen Jahren – wenn überhaupt – am Höhepunkt der Martinigansl-Saison vorkommt, ereilte viele Gastronomen heuer viel früher: Am letzten Wochenende vor dem November-Lockdown wurden mancherorts die Gansln knapp: Die üblichen Vorbestellungen bei Gänsezüchtern hatten sie wegen der nahenden Sperre reduziert. Aber zahlreiche Gäste verbanden den Restaurantbesuch offenbar mit einem vorverlegten Gansl-Schmaus.

Das war für die heimischen Gänsezüchter wohl nur ein schwacher Trost. Immerhin ist der November die Hauptabsatzzeit für das Federvieh. Entsprechend konsterniert kommentiert Heidi Hebesberger, Obfrau des Vereins österreichische Weidegans (www.weidegans.at), die Schließung der Gastronomie: „Für uns war das ein großer Schock. Die Gänse sind seit 24 Wochen auf den Weiden und jetzt perfekt für den Verzehr.“ Die 270 Bauern des Vereins setzen alljährlich 45.000 Gänse ab. In Summe kommen in Österreich 200.000 Gänse auf die Teller, drei Viertel davon aus dem Ausland.

Direktvertrieb

Ein Viertel des Absatzes könne über Direktvermarktung an die Kunden gebracht werden, sagt Hebesberger. „Die restlichen drei Viertel müssen wir irgendwie kompensieren.“ Generell haben es kleinere Züchter leichter, die Tiere abzusetzen. „Größere Betriebe haben normalerweise Kunden aus der Gastro, die jedes Jahr 150 Gänse brauchen.“

Der Wegfall der Gastronomie schmerzt auch im Burgenland, traditionell jene Region mit dem stärksten Bezug zur Martinigans. „Normalerweise gehen bei uns 40 Prozent in die Gastronomie und 60 Prozent direkt zum Endverbraucher“, sagt Christian Reicher von der Landwirtschaftskammer. Heuer schätzt er ein Verhältnis 35 zu 75 Prozent. „Aber wie es ausgehen wird, wissen wir nicht. Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung.“

Viele Gänsezüchter haben bereits aus der Not eine Tugend gemacht, berichtet Heidi Hebesberger. Frei nach dem Motto: Wenn die Konsumenten nicht ins Restaurant kommen können, muss halt der Gänsebraten zum Konsumenten. Diese Abhol-Modelle auf Vorbestellung von fertigem Gänsebraten kommen schon jetzt gut an.

Neben der „to go“-Gans greift man im Burgenland zudem auf Erfahrungswerte aus dem Vorjahr zurück. Damals entwickelte man das Projekt „Gans im Glas“. Mit dem Zweck, vor allem große Gänse mit bis zu sechs Kilogramm Gewicht zu verarbeiten. „Die Gastronomie hat am liebsten Gänse zwischen 3,20 und 3,60 Kilo“, weiß Reicher. „Die großen Tiere finden schwerer Absatz.“ Zu Rillettes, Sulz, Suppe oder Beuschel verkocht und ins Glas gepackt, ermögliche das die Verwertung aller Tiere. Heuer kam noch „Martini in the box“ dazu: Gänsebraten mit Beilagen werden per Post österreichweit verschickt.

Heidi Hebesberger denkt als Strategie bereits über Martini hinaus. „Wir werden die Saison heuer ausdehnen.“ Wer etwa zu Weihnachten in normalen Jahren eine gebratene Gans auftischen will, bekommt oft keine mehr. „Wird jetzt eine Gans für Weihnachten reserviert, behalten wir diese und schlachten sie erst dann.“ Sorge, dass das Fleisch dann schon zäh sei, müsse man keine haben. „Ausgewachsen sind die Gänse zwar jetzt. Wenn die Gänse älter werden, ist das kein Nachteil für die Fleischqualität. Danach geht es nicht darum, noch mehr Fleisch anzusetzen, sondern um die Haltung.“

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