Wann er seinen allerersten Truthahn gebraten hat, weiß der Weinviertler Spitzenkoch heute noch ganz genau: am 24. Dezember 1972. 20 Jahre alt war Manfred Buchinger damals, als Jungkoch hatte er am Heiligen Abend Dienst. Gemeinsam mit einem Kollegen schob er den vorbestellten Vogel in den Ofen des Hotel Intercont, dann genehmigten sich die beiden eine wohlverdiente Pause. Mit Kaffee und Keksen, erinnert sich Buchinger, vielleicht war aber auch ein Schluck Wein dabei. Jedenfalls dauerte die Pause zu lang, und der Vogel im Rohr war schwarz. „Da hab ich meine erste Hauttransplantation gemacht“, sagt Buchinger und schmunzelt. „Von einem gekochten Truthahn, wie wir sie immer für Salate vorrätig hatten, abgezogen und statt der verkohlten Haut drapiert. Keiner hat’s bemerkt.“
Spitzenkoch Manfred Buchinger empfiehlt, die Beilagen mitzubraten. Zum Beispiel Brokkoli. „Die ganze Rose in der Mitte längs durchschneiden und eine Stunde vor Garzeitende dazulegen.“
Heute passieren ihm solche Missgeschicke in seinem Gasthaus „Zur Alten Schule“ in Riedenthal nicht mehr. Mit seinen 50 Jahren Kocherfahrung hat Buchinger jede Menge Tricks auf Lager, um den festlichen Braten gelingen zu lassen, und auch die Reste geschmackvoll zu verwerten. „So ein Truthahn ist ja meistens zu groß. Deswegen löse ich ein Brustfilet vor dem Braten raus und stecke auf dieser Seite Fülle unter die Haut.
DER TRICK: Eine Seite Fleisch, eine Seite Fülle – auf diese Art kommen die Großen zu ihrem Festtagsbraten und die KIeinen später auch zu ihren Schnitzerln.
Aus dem ausgelösten Fleisch kriegen die Enkelkinder dann später einmal ihre Schnitzerln.“ Dass die Haut über der Fülle beim Braten ein wenig aufreißt kann passieren, das macht aber nichts, denn die Fülle wird dabei wunderbar knusprig. Nur zweieinhalb Stunden brät Buchinger den großen Vogel, das mitunter trockene Brustfleisch bleibt dabei überraschend saftig. Zum Schluss sticht er mit einem Holzspieß in die Fülle. „Bleibt nichts haften, ist der Braten fertig.“ Die Haut streicht Buchinger vor dem Braten großzügig mit Fett ein. „Am besten schmeckt’s mit Ganslschmalz.
Auch kleine Kürbisse kann man als Ganzes die letzte Stunde mitbraten. Die Quitte, die er am Anfang rund um den rohen Truthahn legt, sorgt zusammen mit dem Grünen Veltliner für ein g’schmackiges Safterl. „Das wird aber kein dunkler Bratensaft wie beim Gansl, sondern hell und leicht.“ Ergänzt werden die warmen Beilagen durch fruchtige Cranberries in zwei Varianten: für ein erfrischendes Mus vermixt er 200 g rohe Cranberries mit 2 EL Zucker, ¼ Bio-Orange samt Schale und 1 Msp. geriebenem Ingwer.
Und für ein aromatisches Kompott erhitzt er 200 g frische Cranberries mit 1 EL Zucker und einem Schluck Rotwein. Inzwischen rührt er in 1 EL Rotwein mit 1 EL Vanillepuddingpulver glatt und rührt das dann zügig in die heiße Masse. Kurz köcheln und anschließend abkühlen lassen.
Übrig gebliebenes Fleisch zerzupft Buchinger, würzt es mit Sweet Chili Sauce und macht „Pulled Turky Sandwiches“ draus. Oder das „Hot Turky Sandwich“, das er an Stefanitagen beim Kollegen Reich in Wolkersdorf immer aß. „Das Fleisch im Bratensaft aufkochen und auf Toast servieren.“
DIE ZUTATEN für den gefüllten Truthahn mit Semmeln, Sellerie, Salbei, Maroni, vielen Cranberries und einem sehr praktischen Trick
Zutaten:
1 Truthahn, ca. 5 kg
5 Semmeln, 5 Eier
2 Zwiebeln (250 g)
5 Stangen Sellerie
Ein Scherzerl einer Orange
2 EL frische Cranberries
200 g gegarte Maroni
1 Apfel
1 Handvoll Salbeiblätter
Ganslfett oder Rapsöl
Salz, Pfeffer
frischer Salbei
½ Flasche Grüner Veltliner
1 Quitte
Truthahninnereien
1 Bund Wurzelwerk
DIE ZUBEREITUNG
Für die Suppe Hals, Magen, Herz und Flügelspitzen mit einem geputzten, würfelig geschnittenen Bund Wurzelwerk, Salz, Pfefferkörnern und 2 Litern Wasser eineinhalb Stunden köcheln lassen.
Zwiebeln schälen und würfelig schneiden. 4 EL Ganslschmalz (Rapsöl) erhitzen, Zwiebel darin anschwitzen. Sellerie in 1 cm Stücke schneiden, dazugeben. Orange samt Schale in Streifen schneiden, Salbeiblätter grob hacken, unterrühren. Maroni und Cranberries dazugeben, salzen, pfeffern. Truthahnleber grob schneiden, mitschwitzen. Das Fleisch von Hals und Flügelspitzen abzupfen, Magen und Herz klein schneiden, Apfel vom Gehäuse schneiden, würfeln, alles unterrühren.
Die Semmeln blättrig schneiden. In einer großen Schüssel mit den Eiern vermischen, mit 250 ml von der warmen Suppe übergießen. Die angebratene Mischung unterheben, 10 Minuten ziehen lassen.
Die Haut des Truthahns auf einer Brustseite vom Hals weg vom Fleisch lösen (untergreifen). Mit einem kleinen, scharfen Messer das Fleisch auf dieser Seite vom Brustbein schneiden und herauslösen, beiseite stellen. Den Truthahn in eine Backofenform legen. Die Semmelmasse in den entstandenen Brust-Hohlraum und ins Innere des Truthahns füllen.
Den Truthahn großzügig mit warmem Ganslfett oder mit geschmolzener Butter einstreichen, mit Salz bestreuen. Eine Quitte vierteln, Kerngehäuse rausschneiden, dazulegen. Grünen Veltliner zugießen, bei 175 °C zweieinhalb Stunden braten.
Test: mit einem Holzspieß in die Fülle stechen – bleibt nichts haften, ist der Braten fertig.
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