Christian Seilers Gehen: Manchmal kann man Glück halt doch kaufen

Christian Seilers Gehen: Manchmal kann man Glück halt doch kaufen
Gumpendorfer Str. – Stiegengasse – Mariahilfer Str. – Kirchengasse – Lerchenfelder – Josefstädter – Mechitaristengasse – Volkstheater: 4.800 Schritte

Es gibt Wege, die kannst du einfach nicht mit leeren Händen zurücklegen. Unlängst spazierte ich durch den siebenten Bezirk, betrachtete im „Lichterloh“ an der Gumpendorfer Straße schöne, teure Antiquitäten, von denen manche wie Spielzeug aussehen, aber durch ihren Preis die Aura der Ernsthaftigkeit bekommen.

Ich ging ziellos weiter, bis ich den Aufstieg zur Stiegengasse sah und beschloss, die Durchwanderung der Innenhöfe des Raimundhofs zu wagen.

Die schlichte Schönheit dieser Passage könnte als gutes Beispiel für Wiens Attraktionen dienen, die von den meisten Wienern gar nicht für Attraktionen gehalten werden, sondern nur für einen, tja, „Freiwilligen Durchgang“, wie es über dem Eingang steht. Hier ist die wunderbare Bar „Bruder“ zu Hause, deren Inhaber Hubert Peter ein außerordentliches Händchen für würzige Ansätze von selbst gesammelten Kräutern und bunte Getränke mit Reinheitsgebot hat.

Ich wollte mir gerade selbst versprechen, bald einmal abends hierher zurückzukehren, um einen Wermut oder einen anderen Aperitif zu schlürfen, als mir im ersten Innenhof der „Bruder-Shop“ ins Auge sprang: ein kleines, feines Geschäft, wo Hubert und seine Kollegen Wein, Honig und andere interessante Getränke verkaufen.

Mit heiterem Sackerl unterwegs

Was soll ich sagen: eine Stunde später, Kopf und Gaumen voller lebendiger Eindrücke, machte ich mich mit einem heiteren Sackerl auf den Weg, in dem sich eine Flasche Bitter, eine Flasche Feigenblatt-Likör und ein Rosé-Wermut befanden.

Durch die Kirchengasse marschierte ich Richtung Lerchenfeld, bewunderte die U-Bahn-Baustellen, die zwischenzeitlich für eine verkehrsfreie Zone sorgen, ging die Lerchenfelder Straße ein Stück bergauf und bog in die Strozzigasse ein, weil mich mein kulinarisches Gedächtnis dazu anstiftete. Warf einen Blick in das Schaufenster der gerade mit dem „Buchhandlungspreis“ ausgezeichneten „Erlkönig“-Buchhandlung, dann steuerte ich auf Nummer 42 das „Café Viola“ an, wo die famose Viola Bachmayr-Heyda Patisserie herstellt, dass du die Ohren anlegst.

Kaufte ein paradiesisches Zitronentörtchen, eine Rhabarberschnitte zum Jodeln, eine locker-flockige Karottentorte, alles Gute-Laune-Macher der allerersten Güte – und vergaß nicht auf das obligatorische Glas Blutorangenmarmelade, wegen der ich in Zukunft immer wieder hierher zurückkehren muss. Zweites Sackerl, wertvolle Fracht.

Zum Glück hab ich drei Hände, also ging ich zweimal um die Ecke zum Bio-Spargelbauer „Brandenstein“, der in der Lange Gasse 14 ein kleines Geschäft bezogen hat. Mir ein Rätsel, warum nicht längst alle Spargelspitzen ausverkauft waren – sie sind mir viel, viel lieber als die dicken Trümmer namens Solospargel. Drittes Sackerl, ein Kilo Spargelspitzen.

Ich spazierte also jetzt, in jeder Hand vielversprechende Köstlichkeiten, zurück Richtung Lerchenfelder Straße, dann durch die Mechitaristengasse, wo gerade das Geburtshaus von Joseph Lanner renoviert wird, zum Volkstheater, wo ich voller Vorfreude auf nahende Genüsse eine U-Bahn bestieg.

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