Chaos de Luxe: Red flag, red flag!

Männer für Masochistinnen mit Pflege-Gen. Polly Adler über Frustrationen der Generation Fortpflanz.

Die Truppe weiblicher Spätjugendlicher summte in meinem Wohnzimmer wie eine sommeraufgeregte Bienenclique. Ich war wie Napoleon auf Elba in meine Schlafkajüte verbannt worden. Eigentlich hatte ich ja Lauschverbot, aber wer hält sich schon an solche spaßbremsenden Sanktionen? Es fand ein reger Austausch über diverse Abenteuer auf dem Dornenweg der Zwischengeschlechtlichkeit statt und häufig endeten diese Schilderungen mit dem konzertanten Aufschrei „Red flag, red flag!“ Das war das Kürzel für jene Sorte von Mann, die es weiträumig zu umschiffen galt. An Stränden gehisst, signalisiert eine solche Flagge ja bekanntlich Alarmstufe Gefahr. Red-flag-Männer haben laut der Bienen-Girlies in der Regel so viele psychische und physische Defizite wie Löcher in den Jeans. Deswegen haben sie nicht das Zeug zum Partner, sondern laufen bestenfalls in der Rubrik „Projekte“. Ideal für Masochistinnen und Frauen mit ausgeprägtem Pflege-Gen. In etwa hörte sich das so an: „Also getindert, schaut ganz süß aus, unpeinliches Foto, man ist ja schon so dankbar. Geh ich mit ihm auf so eine Poke-Bowl-Sache, die volle Hipster-Bude, aber meinetwegen, futtert der in sich hinein wie ein Holzfäller und puhlt sich dann mit den Fingern die Fleischfuseln aus den Zähnen. Bei Tisch ...“ – Konzertantes „Iiiiii – voll groase!“ – „Damit nicht genug. Erzählt er mir dann in der Bar 45 Minuten von seiner Ex, was sie ihm nicht alles angetan hat, und dass er eine Kingsize-Panikattacke bekommen hat, als er sie das letzte Mal gesehen hat. Frag’ ich ihn, warum er auf Tinder ist, wenn er emotional noch so volle involved ist. Sagt er: Damit ich endlich über sie hinwegkomme. Schrei ich: Was bin ich jetzt für dich ... irgendso eine armselige Psychokrücke? Da nickt er und beginnt zu weinen.“ Bombastischer „Red flag, red flag“-Echochor. Wenn das so weiter geht, wird die Menschheit bald aussterben. White flags, bitte melden! Und zwar dringend!

„Breakfast at Polly’s“ am 3. März um 11 Uhr im Rabenhof: Mit Maria Happel & Petra Morzé.

www.pollyadler.at
polly.adler@kurier.at

Kommentare