Bestattungswagen: Der letzte Weg mit Stil
Stimmt, auf den ersten Blick schien es etwas befremdlich, dass Prince Philip vergangenen Samstag seinen letzten Weg auf der Ladefläche eines umgebauten Land Rover Defender antrat. Kulturinteressierte Menschen mit einem Hang zum Schrulligen aber erinnerte das an ein Auto, das ähnlich zweckentfremdet in die populäre Geschichte einging. Richtig, der Leichenwagen von Harold aus Hal Ashbys schwarzer Komödie "Harold und Maude" aus dem Jahr 1971.
Fünfzig Jahre ist es schon her, dass ein junger Mann in einem Spielfilm zuerst in einem gebrauchten, zum Bestattungswagen umgerüsteten Cadillac und dann in einem genauso umfunktionierten Jaguar E-Type durch die Gegend cruiste.
Der E-Type aus "Harold und Maude" war ein Einzelstück. Leider fiel es dem filmgerechten Crash im Finale der Satire zum Opfer. Ken Roberts, ein Autoenthusiast aus Arizona, hat den Jaguar dankenswerter Weise nachgebaut. In einem Video lässt er uns an seiner Freude mit dem Retro-Unikat teilhaben.
Wer glaubt, das sei doch bloß Film, kennt die Haltung der Italiener zu Fahrzeugen für den letzten Weg nicht. Die Manufaktur Pilato im oberitalienischen Treviso hat sich in mehr als einem halben Jahrhundert einen exzellenten Ruf in Sachen "Autofunebri" erarbeitet.
Lange galt eine umgebaute Mercedes E-Klasse als State of the Art für diesen Anlass. Auch in heller Lackierung. Hauptsache, die Erscheinung ist elegant und nicht düster.
F-Pace für den Friedhof
Vor 13 Jahren aber verschaute sich das Team um Luigi Pilatos Erben in einen Jaguar XJ. Seit der Umrüstung dieser Limousine - mit der Bezeichnung "The Queen" - hat das italienische Familienunternehmen vier andere Modelle des britischen Herstellers ins Programm aufgenommen. Seit Kurzem ist man stolz, auch Pionier in der Gattung "Sports Utility"-Bestattungswagen zu sein. Ja, es gibt auch den F-Pace für den Friedhof.
In England gibt es mit Land Rover Funeral sogar eine Firma, die eigens den Klassiker Defender für den Gang zum Gottesacker umrüstet. Und das sehr zur Freude von Land Rover-Enthusiasten. Eine gewisse Heidi Simpson jedenfalls zeigt sich auf der Homepage des Unternehmens begeistert. "Dieser Bestattungswagen gab dem Begräbnis eine besondere Note", schrieb sie zum Dank.
Aber auf die Idee, einen Jaguar und noch dazu den F-Pace einer neuen Bestimmung zuzuführen, kamen motorbegeisterte Italiener. Pilato hat sich weltweit die Rechte auf diese spezielle Umrüstung gesichert. Und die Amici des Totengotts Thanatos meinen es durchaus ernst: Sie führen - mit Mercedes-Modellen - sogar Sicherheitstrainings mit ihren Fahrzeugen durch.
Ältere Semester können sich vermutlich noch gut an eines der bekanntesten Gefährte dieses Genres erinnern: das Auto von Herman Munster aus der TV-Serie "The Munsters". Wie eine Kreuzung aus einer Gothic-Kutsche und einer Thin Lizzy fuhr sich das Vehikel in der Herzen der TV-Seher der Sixties. Passendes Detail: In Folge 11 der zweiten Staffel muss Herman die Führerscheinprüfung nachholen.
Einen ähnlich unbefangenen Umgang mit Bestattungsautos zeigte Jahrzehnte später die mit neun Emmies ausgezeichnete HBO-Serie "Six Feet Under - Gestorben wird immer". Nicht nur, dass mit Claire eine aus der Bestatter-Familie Fisher auch privat mit einem Leichenauto - einem Cadillac in Grün - herumfährt, gibt es einen einschlägigen Werbeclip zu sehen.
Bei Pilato in Treviso ist man jedenfalls davon überzeugt, dass man weiterhin mit der Zeit gehen hat. Man hat seit Kurzem auch einen Plug-in-Hybrid im Programm.
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