Was wäre, wenn sie noch weiter Musik machen könnten? Gerade eben wurden Songs von ihnen veröffentlicht („Lost Tapes Of The 27 Club“). Ja, und man kann sich durchaus vorstellen, die Heroen des Rock und Pop würden leibhaftig noch an ihren Stücken werken. Und zum anderen lässt sich genau diese Frage auch in Bezug auf die großen Klassiker stellen: Mozart, Haydn, Beethoven! Oder Bach, Richard Strauss, Mahler, Strawinsky: Wie würden neue Werke von ihnen klingen?
Eine gern genutzte AI, die auch wirklich brauchbare Ergebnisse liefert, ist derzeit Googles „Magenta“, die mit Deep-Learning- (mehrschichtiges Lernen) und Reinforcement-Learning- (bestärkendes Lernen) Algorithmen neue Songs komponiert. Das heißt, das Programm „lernt“ so vorzugehen, wie bestimmte Komponisten, wenn man es mit den richtigen Daten füttert. Es ist ein Open-Source-Projekt, das heißt, findige Tech- und Musik-Köpfe aus aller Welt tragen zur Entwicklung bei, und die Ergebnisse können sich durchaus hören lassen.
Die Musik verstehen
„Das ist ein Game Changer, das eröffnet neue Möglichkeiten und kann uns helfen, Musik zu verstehen“, sagt Ali Nikrang. Er ist Forscher und Künstler und beschäftigt sich am Ars Electronica Futurelab mit kreativen Anwendungen der KI in der Musik. „Musik bewegt und wir versuchen Erklärungen zu bekommen, wie sie das schafft. Und offenbar hat die Maschine eine mögliche Vorstellung davon.“ Nikrang realisierte vor zwei Jahren das viel beachtete Projekt „Mahler Unfinished“, wo das KI-System MuseNet die unvollendete 10. Sinfonie weiterkomponierte. „Ich war vom Ergebnis extrem fasziniert. Das wäre wenige Jahre zuvor noch unvorstellbar gewesen.“
Derzeit wird die Maschine mit Datensätzen von Vorhandenem gefüttert. Etwas gänzlich Neues, künstlerisch höchst Wertvolles zu schaffen, sei noch nicht vorstellbar und auch nicht ihre Aufgabe. Und dass sie das einmal einwandfrei machen werde, daran glaubt er nicht so recht. Alleine wird sie das nicht schaffen. „Als Partnerin mit dem Menschen wird die Künstliche Intelligenz aber Neues hervorbringen.“
Kehlmann und die künstliche Intelligenz
Auch bei der Literatur kann man noch konstatieren: Als Notbehelf ist das okay, aber ein Nobelpreisträger wird aus einem Computer wohl nie werden. Es ist schon hart genug, den teilweise surrealen Antworten einer Alexa zu folgen. Schriftsteller Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“, „Tyll“) machte sich vor einem Jahr ins Silicon Valley auf, um einen Versuch zu wagen: In „Mein Algorithmus und Ich“ geht er der Frage nach, ob er gemeinsam mit einer Künstlichen Intelligenz eine Kurzgeschichte erzählen kann.
„CTRL“, so sein angewandter Schreibalgorithmus – benannt nach der Steuerungstaste auf der Tastatur –, fügt Worte nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammen. Das Ergebnis aber erinnert eher an die dadaistische Montagetechnik von William S. Burroughs denn an Autoren aus Fleisch und Blut.
„CTRL ist ein Freund des Fragments und des Surrealen, eher Kafka als Dickens, mehr als eine Seite macht CTRL nicht. Und dennoch kam nicht selten Erstaunliches heraus“, schreibt Kehlmann. Aber ist das interessant? „Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen“, schreib ich. Und CTRL setzt fort: „Die ZEIT: Sie haben sich in den letzten Jahren mit der AfD besch@@“
„Gut, das war wohl nichts“, merkt auch Kehlmann an. „Wir müssen beim Englischen bleiben.“ Dialoge funktionieren. Naja. Auch nicht wirklich, wie dieses Beispiel zeigt. Kehlmann auf Englisch: „Mary. Was ist dein Problem, Jack? Wir haben aufgehört, miteinander zu reden.“ CTRL: Jack (sieht sie mit einem Lächeln an). Ich werde nie wieder sprechen.“ Gut, so kann man auch ein Experiment abwürgen.
Fehler bei Hip-Hop
Wenn Algorithmen schon einigermaßen gut funktionieren, dann bei Online-Empfehlungssystemen auf Plattformen wie Amazon, Netflix, Spotify, YouTube. Auf Basis des bisherigen Verhaltens von Nutzern wird automatisiert entschieden, was ihnen als nächstes angeboten wird. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, liegen die im Mainstream-Bereich oft richtig, nur mit Hardrock und Hip-Hop tun sie sich noch etwas schwer.
Damit muss sich „Return on Art“ nicht herumschlagen. Die noch junge Kunstvermittlungsplattform aus Wien erfasst den Geschmack ihrer Kunden. Wie bei Tinder muss man auf der Homepage (returnonart.com) bei einer Auswahl an Bildern hin- und herwischen. Dann schlägt einem der Algorithmus passende Werke (der Durchschnittspreis liegt bei 1.200 Euro) vor. „Bei jedem Website-Besuch wird das Ergebnis nochmals optimiert“, sagt Gründer Amir Akta.
Und das macht die Maschine offenbar mit Erfolg. Mittlerweile verkauft Akta rund fünf Werke pro Tag.
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