Zukunftsmusik

Das geplante Konzerthaus Vltava in Prag mit Besuchern auf den Terrassen.
Prag wird um ein kulturelles Highlight reicher. Die neue Moldau-Philharmonie soll aber nicht nur Klassik-Fans begeistern. Designt von der Bjarke Ingels Group, wird das moderne Musikzentrum mit vielseitigem öffentlichem Angebot sein gesamtes Umfeld beleben.

Die Finalisten-Runde des Wettbewerbs ums Design der Moldau-Philharmonie im Prager StadtteilHolešovice hätte kaum hochkarätiger sein können. Entwürfe von Top-Büros wie Snøhetta, Diller Scofidio + Renfro, Jean Nouvel oder David Chipperfield stellten die Jury vor eine schwierige Entscheidung. Seit Kurzem steht nun fest: Das dänische Architekten-Team der Bjarke Ingels Group (BIG) wird das neue Musikzentrum gestalten. Und dieses wird mehr sein, als ein Hort klassischer Hochkultur: Es wird den gesamten Stadtteil beleben, das Flussufer einbinden und mit vielen öffentlichen Angeboten brillieren.

Wahrzeichen & Triebfeder

Die Stadt und das Institut für Planung und Entwicklung (IPR Prag) erwarten Großes von der Moldau-Philharmonie. Das Projekt soll das Interesse der Öffentlichkeit am kulturellen Leben Prags ankurbeln, indem es durch Offenheit und Zugänglichkeit glänzt. Mehr noch: Es soll zu einem lebendigen Wahrzeichen werden. Außerdem ist der Neubau als Entwicklungs-Turbo für eine der wichtigsten Prager Stadtbrachen gedacht.

Die Philharmonie Vltava in Prag mit Menschen auf der Promenade und dem Dach.
Vom Flussufer bis zum Dach offen und begehbar: BIGs Plan für die neue Moldau-Philharmonie in Prag.

Derzeit wirke der künftige Standort noch wie ein Trennelement. Das Projekt soll ihn zum attraktiven und verbindenden Treffpunkt machen, erklärt der Jury-Vorsitzende Michal Sedláček: „Daher lag der Schwerpunkt nicht nur auf Architektur und Betrieb des Gebäudes, sondern auch auf der Gestaltung der umliegenden öffentlichen Räume. Die Moldau-Philharmonie wird ein pulsierendes Zentrum des Lebens in der Vltavská-Straße werden“. Die zentrale Lage an der Moldau passt perfekt zu diesem Vorhaben.

Mehr als ein Konzerthaus

Ein neuer Stadtpark wird sich östlich des Neubaus erstrecken und die Südseite wird den Zugang zum Flussufer öffnen. An der Westseite liegt ein öffentlicher Platz. Und im Norden eröffnet BIGs Konzept den Blick auf die Entwicklungszone Bubny-Zátory. Dort sollenIndustriebrachen in ein Zuhause für 25.000 Einwohner verwandelt und 29.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.Das Gebäude selbst wird, so Sedláček, „von allen Richtungen und Ebenen aus zugänglich sein“.

Eine Luftaufnahme von Prag mit der Moldau und einem unbebauten Grundstück.
Perfekte Lage: Das Projekt wird Flussufer, Grün, alte und ...
Ein Übersichtsplan eines Stadtteils mit eingezeichnetem Baugebiet an der Moldau.
... neu entwickelte Stadtteile elegant miteinander verbinden.

Der Neubau bekommt winkelige und von Säulen getragene Terrassen. Diese ragen über die innen liegenden Räume hinaus. Und sie strecken sich in verschiedenen Richtungen weit nach außen. Zudem sind diese Flächen sanft abgeschrägt. Dadurch entstehen breite, begehbare Wege, die vom Platz nach oben führen.

BIG-Partner Brian Yang: „Vom Moldau-Platz aus steigen die Straßen nach oben und verbinden die inneren Balkone mit den äußeren Kolonnaden und Terrassen“. So, wie auch das neue Musikzentrum Prags öffentliches Leben und die im Haus gebotene Kultur zusammenführen soll.

Moldau-Philharmonie als „Reise“

Das Dach ist als Fortsetzung des öffentlichen Platzes geplant. Die Terrassenform des neuen Kulturzentrums ergibt die Möglichkeit, nach oben zu spazieren, ohne das Gebäude zu betreten. So, dass jeder den grandiosen Panoramablick auf Prag genießen kann, der sich dort bietet. „Die Moldau-Philharmonie ist als mäandernde Reise vom Flussufer zum Dach komponiert“, schildert BIG-Gründer Bjarke Ingels.

Fassade und Stufen, Bänke und Kolonnaden werden, so Architekt Yang, „wie Achtel-, Viertel-, halbe und ganze Noten den perfekten Rhythmus bieten“. Und zwar sowohl für Proben und Spiel der Orchester, als auch fürs Publikum, das der Quelle der Musik in majestätischem und intimem Rahmen nahekommt.

Das Vltava Philharmonie Gebäude spiegelt sich im Fluss.

BIGs Sieger-Entwurf sieht drei Veranstaltungssäle vor. Eines der Auditorien, der „Prager Saal“, wird zwecks ausgewogener Akustik mit Holz verkleidet. Für besonderen Komfort werden die Zuschauerplätze wie „umgedrehte Blätter eines Tannenzapfens“ angeordnet. Die Sitze „drehen sich in der Kompaktheit eines perfekten Quadrats“, heißt es in der Projektbeschreibung.

Essen und feiern auf dem Dach

Neben den Konzerthallen werden auch die Musikabteilung und das Kreativzentrum der Prager Stadtbibliothek im neuen Komplex untergebracht. Besuchern und bildungsfreudigen Gästen stehen ein Café oder ein Restaurant auf der Dachterrasse der Moldau-Philharmonie zur Verfügung. Und auch ein Ballsaal mit famosem Ausblick wird auf dem Gebäude thronen.

Eine architektonische Visualisierung der Philharmonie an der Moldau mit vielen Menschen.
Ein Orchester spielt vor Publikum in einem Konzerthaus.

Was das Material betrifft, setzt BIG vor allem auf Holz und Glas. Das Holz soll aus dem Böhmerwald bezogen werden. Es wird vor allem für die Verkleidung der Terrassen und im Inneren des Gebäudes zum Einsatz kommen. Das Hauptvolumen der Konzerthallen wird laut Entwurf auf jeder der gestapelten Ebenen mit Glas eingefasst. Und von tschechischer Glaskunst inspiriertes Design soll im Foyer für Augenfreude sorgen.

Verlockend transparent

Durch die Glasfassade werden Besucher der Moldau-Philharmonie frei ins Innere des faszinierenden Bauwerks blicken können. Auch von den breiten Außenterrassen aus, die zum Verweilen einladen und zugleich als Schattenspender und Wetterschutz dienen.

Eine Visualisierung des geplanten Konzerthauses an der Moldau in Prag.
Das extravagante Design der Bjarke Ingels Group soll die Prager Moldau-Philharmonie zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt machen.

Die feierliche Eröffnung des großen Vorhabens fällt vorerst noch in die Kategorie „Zukunftsmusik“. Schließlich ist mit der Fertigstellung der Moldau-Philharmonie erst in zehn Jahren, also 2032, zu rechnen. Die Bauarbeiten sollen jedenfalls 2027 beginnen. Und BIGs Auftraggeber, die Stadt Prag und das Prager Institut für Planung und Entwicklung, stehen hinter dem Projekt.

„Go“ in Prag, „No“ in London

Weniger Glück mit innovativen Kulturbauten hat derzeit das renommierte Büro Diller, Scofidio + Renfro: Sein Entwurf für Prag schaffte es „nur“ in die Finalisten-Liste. Und auch sein schöner Masterplan fürs „London Center for Music“ bleibt unverwirklicht. Denn das Projekt wurde nach langem Warten auf Freigabe im Februar 2021 gestrichen.

Text: Elisabeth Schneyder Bilder: BIG

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