Kühle Ideen für große Zukunftsthemen
Wem der Gusto nach Reistörtchen steht, besagt ein altes japanisches Sprichwort, der möge doch in ein Reistortengeschäft gehen. Dahinter steckt der dezente Hinweis, dass Spezialisten einfach die besten Resultate liefern können. Das japanische Traditionsunternehmen Takenaka nimmt diese Position stolz für sich in Anspruch: „Auch wenn es den Standpunkt gibt, dass die Trennung von Design und Konstruktion zu einem guten Gebäude führen kann, ist es für uns sehr erfreulich, dass sich viele Kunden für Arbeiten aus einer Hand entscheiden.“
Beitrag für künftige Generationen
Was man gerne als höfliche Untertreibung lesen kann: Die Takenaka Corporation zählt zu den fünf größten Konstrukteuren Japans und bietet mit rund 7.500 Mitarbeitern (darunter mehr als 2.400 Architekten) umfangreiche Architektur-, Ingenieurs- und Baudienstleistungen an.
Das Unternehmen, das im Jahr 1610 von dem Tempel-Tischler Tobei-Masataka Takenaka in Nagoya gegründet wurde, wird seit 1980 in 17. Generation vom mittlerweile 79-jährigen Toichi Takenaka geleitet. Die Firmenphilosophie lässt sich knackig in einem Satz zusammenfassen: „Wir wollen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, indem wir die besten Arbeiten an künftige Generationen weitergeben.“
„Seien Sie fleißig“
Für seine Mitarbeiter hat Takenaka auch weitere tragende Säulen der stolzen Tradition definiert: „Gehen Sie den Weg der Wahrheit, bewahren Sie guten Glauben und seien Sie unerschütterlich. Seien Sie fleißig und erfüllen Sie ihre Verantwortung. Widmen Sie sich Ihrer Arbeit mit Disziplin. Handeln Sie im Einklang mit der Organisation und streben Sie nach Wohlstand für die gesamte Gesellschaft.“
Takenakas Arbeiten prägen Japan seit vielen Jahren. Zu den wichtigsten und bekanntesten Gebäuden zählen der Nippon Budōkan in Tokio (in dem zuletzt bei den Olympischen Sommerspielen 2020 die Judo- und Karate-Bewerbe ausgetragen wurden), der nach Vorbild des Eiffelturms errichtete Tokyo Tower oder der Nagoya TV Tower, der 1964 in dem Film „Godzilla und die Urweltraupen“ von Leinwand-Monster Godzilla spektakulär „zerstört“ wurde.
Schnell wachsende Pendlerhochburg
Zu den neueren Werken aus dem Hause Takenaka zählt das Innovation Garden OSAKA Center, ein Bürogebäude des Büroelektronik-Hersteller Konica Minolta, das Ende 2020 nach zwölfmonatiger Bauzeit mit einer Gesamtfläche von rund 12.000 Quadratmetern eröffnet wurde. Und zwar in Takatsuki, das mit seinen 350.000 Einwohnern in der Präfektur Osaka auf Japans größter Insel Honschu liegt, auf halbem Weg zwischen Osaka und der früheren Kaiserstadt Kyoto. Diese Region, Kinki („nahe der Hauptstadt“) oder auch Kansai („westlich der Grenze“) genannt, bildet das wirtschaftliche, politische und kulturelle Zentrum Westjapans.
Weil die beiden Millionenstädte Osaka und Kyoto mit dem Zug nur 15 beziehungsweise 13 Minuten entfernt liegen, entwickelt sich das erst 1943 gegründete Takatsuki zur immer schneller wachsenden Heimatstadt für Pendler. Und nun eben auch zur Zentrale für Konica Minoltas Forschungsabteilung in den zukunftsträchtigen Bereichen Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence/AI).
Plattform für neue Ideen
Das neue, viergeschossige Gebäude, das nahe dem Bahnhof Takatsuki-Station und nahe dem Fluss Akuta errichtet wurde, stellt laut Takenaka eine Plattform dar, „auf der Menschen, Natur und Informationen interagieren und zur Schaffung von Unternehmensinnovationen beitragen könnten: Wir wollten ein Patchwork von Umgebungen wie innen/außen, hell/dunkel, Bewegung/Stillstand und offen/geschlossen schaffen. Und zwar nicht durch die Art der Möbel oder der Inneneinrichtung, sondern durch die Komposition und Planung der Architektur.“
Die Büros sind in verschiedene Zonen unterteilt, sodass die Mitarbeiter zwischen unterschiedlichen Arbeitsweisen wählen können.
Das sollte unter anderem durch den langen, schmalen Grundriss von 120 mal 30 Metern erreicht werden. „Das Gebäude ist durch die Anordnung der Stiegen und Aufzüge so konzipiert, dass sich die Mitarbeiter in einem ungehinderten Fluss bewegen können, ohne einander in die Quere zu kommen.“
Konica Minolta – Innovation und Konzentration
Der Innovation Garden soll laut Konica Minolta auch externe Kooperationen fördern, wie es anlässlich der Eröffnung auf deren Homepage hieß: „Die Büros sind in verschiedene Zonen unterteilt, sodass die Mitarbeiter zwischen unterschiedlichen Arbeitsweisen wählen können. Der Innovationsbereich hilft bei der Entwicklung neuer Ideen auf der Grundlage freien Denkens – in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen, Hochschulen und Universitäten.“
Der „Konzentrationsbereich“ wiederum soll es den Mitarbeitern, die sich im Haus um die Bereiche IoT und AI kümmern, ermöglichen, „die im Innovationsbereich entstandenen Ideen sofort in den Entwicklungsprozess einfließen lassen.“
Active Based Working
Vorgabe von Konica Minolta war es nicht zuletzt, auf das System des Active Based Workings (ABW) zu setzen. Dieses Bürokonzept soll durch seine Organisationsstruktur mit aktivitätsbezogenen Arbeitsplätzen zur Förderung von Leistungsfähigkeit und Kreativität sorgen: „Wir wollten eine Umgebung zu schaffen, in der in einer inhomogenen Umgebung neue Beziehungen dynamisch und agil entstehen.“
Konica Minolta ist ein globales Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Tokio, das 2003 aus der Fusion des Kamera-Pioniers Minolta und dessen Mitbewerber Konica hervorging. Etwa 44.000 Menschen arbeiten in 50 Ländern rund um den Globus an innovativen Lösungen für Unternehmen und die Gesellschaft. Mit seinen „Stärken in den Bereichen fortschrittliche Bildgebung, Optik, Sensorik, Materialien und Nanobearbeitung“ engagiert sich Konica Minolta laut eigenen Angaben „für die Schaffung neuer Werte, die Kunden bei der Bewältigung von Herausforderungen in ihren Betrieben und Arbeitsprozessen unterstützen“.
„Cooler“ Award
Anfang April 2022 wurde das Innovation Garden OSAKA Center mit dem Sonderpreis des Osaka Climate Change Measures Award, dem sogenannten „Ryo Design- und Architekturpreis“ ausgezeichnet. Vergeben wird die Auszeichnung von der Präfekturregierung in Osaka an Firmen, die herausragende Anstrengungen unternehmen, um den Klimawandel zu verhindern oder Maßnahmen zur Abschwächung des städtischen Wärmeinsel-Effekts zu ergreifen.
Ausschlaggebend für den „kühlen“ Preis (um die Übersetzung des japanischen Begriffs „Ryo“ zu verwenden) waren drei Punkte, die bei der Errichtung des Innovation Gardens beachtet wurden: Das Gelände wurde begrünt, um den Temperaturanstieg tagsüber abzufedern. Dazu zählen auch Mehrzweckplätze, auf denen sich Mitarbeiter in den Pausen sportlich betätigen können.
Balkone spenden Schatten
Die geräumige Nutzung des Areals wurde als weiterer Punkt lobend erwähnt: Zwischen einem bereits bestehenden Gebäude und dem Neubau von Takenaka befindet sich eine große Fläche, die mit einem Holzbelag bedeckt ist und damit die Erwärmung des Bodens reduziert.
Wichtig war natürlich auch der sparsame Umgang mit Energie: Um die Effizienz der Klimaanlagen im Sommer zu erhöhen, wurden für die Außenfassade besonders wärmeisolierende Sandwichpaneele und mehrschichtiges Glas mit niedrigem Emissionsgrad verwendet. Dazu wurden architektonische Maßnahmen umgesetzt, die die direkte Sonneneinstrahlung reduzieren. So verfügt das Gebäude auf jeder Etage über begrünte Balkone, die darunterliegenden Büros gleichzeitig als Schattenspender dienen. Und wo lässt sich so ein Reistörtchen besser genießen als im Schatten?
Text: Hannes Kropik
Fotos: Nacása & Partners
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