Vollpension statt Halbpension
Für alle Berufstätigen beginnt das Jahr 2025 erfreulich: Die Guthaben auf den staatlichen Pensionskonten werden zum Jahreswechsel um 6,3 Prozent erhöht. Damit sind seit langem wieder die Aktiven gegenüber den Pensionisten im Vorteil, die 4,6 Prozent Inflationsausgleich bekommen. Während die Aufwertung der Pensionskonten den Staat vorerst kein Geld kostet, ist die Pensionserhöhung eine sofortige und massive Belastung für das Bundesbudget. Schon im Jahr 2023 musste der Bund 25,4 Milliarden Euro für die Pensionen von früheren Arbeitnehmern, Selbstständigen und Beamten zuschießen. Das entspricht fast 38 Prozent der Steuereinnahmen des Bundes von 67,5 Mrd. Euro! Und der Zuschussbedarf steigt rapide an. Neben den Pensionserhöhungen ist dafür vor allem die Alterung der Bevölkerung verantwortlich: Derzeit gehen besonders starke Jahrgänge aus der Zeit des Babybooms in Ruhestand, während weniger Junge als neue Beitragszahler zu arbeiten anfangen. Die Zuschüsse für Pensionen steigen rasant: Heuer sind bereits 29,4 Milliarden Euro Kosten budgetiert.
Doch das Budget kämpft nicht nur mit den Pensionszuschüssen: Durch die Alterung der Bevölkerung steigen auch die Ausgaben für Krankheit und Pflege an. So forderte Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK, kürzlich eine Milliarde mehr aus dem Budget. Walter Pöltner, ehemaliger Vorsitzender der Alterssicherungskommission und Kurzzeit-Sozialminister: „Der demographische Wandel ist die wahre Herausforderung. Es ist erfreulich, dass wir länger leben, aber das ist ganz schön teuer. Wir geben dafür viel mehr Geld aus als wir haben.“
DRINGENDER HANDLUNGSBEDARF. Für die meisten Experten besteht dringender Handlungsbedarf, damit die Pensionszuschüsse halbwegs im Rahmen bleiben. So schlägt WIFO-Expertin Christine Mayrhuber, die aktuelle Vorsitzende der Alterssicherungskommission, eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters auf 67 Jahre vor. Dies solle schrittweise bis zum Jahr 2045 erfolgen. Der Haken: Alle Einschnitte bei den Pensionen sind unpopulär und werden auf die lange Bank geschoben. Viele Politiker argumentieren, dass es reiche, nur das tatsächliche Antrittsalter anzuheben.
Das bringt dem Budget aber auf Dauer zu wenig. Die jetzigen Abschläge für den vorzeitigen Pensionsantritt von 4,2 Prozent pro Jahr sind bereits so hoch, dass das Pensionssystem durch Frühpensionen langfristig kaum noch finanzielle Nachteile hat. Das heißt im Umkehrschluss, es gibt wenig Entlastungen, wenn alle bis 65 durchhalten. Früher oder später wird es wohl zu Reformen kommen müssen, schließlich muss der Staat auch zusätzliche Ausgaben für Bildung, Klimawandel und Sicherheit stemmen. Damit die Pensionen auch in Zukunft wirklich sicher sind, muss entweder die Höhe künftiger Pensionen gekürzt oder Antrittsalter beziehungsweise der Beitrag erhöht werden – oder ein Mix mehrerer Maßnahmen.
"Generell ist es wichtig, Geld für die Pension anzusparen. Aber es ist auch wichtig, das Geld wirklich ertragreich arbeiten zu lassen"
BETRIEBLICHE VORSORGE. Einen großen positiven Effekt könnte der Ausbau der betrieblichen Vorsorge bewirken, die in Österreich im internationalen Vergleich unterentwickelt ist. So profitieren nur 23 Prozent aller Beschäftigten, meist aus den Bereichen Beamte, Finanzen und Großindustrie, von Beiträgen an eine Pensionskasse. Diese Zahl nimmt kaum noch zu, weil kleinere Betriebe die Zusatzkosten scheuen. Zum Vergleich: In Deutschland sind immerhin 54 Prozent der Beschäftigten begünstigt. Dort können auch einzelne Arbeitnehmer auf Antrag einen Teil des Gehalts steuerbegünstigt in eine Pensionskasse einzahlen, wenn der Betrieb keinen Vertrag hat. Der Chef muss dann zusätzlich seine ersparten Sozialversicherungsbeiträge an die Pensionskasse überweisen. In Österreich gibt es eine solche Einzelfallregelung zur steuerbegünstigten Gehaltsumwandlung für eine Zusatzpension nicht.
Nur für eine einzige Gruppe gibt es diesen Vorteil: Für Politiker. Sie können individuell entscheiden, ob und in welche Pensionskasse sie begünstigt einzahlen. Das gemeine Wahlvolk schaut bisher durch die Finger. Für WIFO-Experte Thomas Url wäre der Ausbau der betrieblichen Vorsorge ein wichtiger Schritt, damit der Kreis der Empfänger viel größer wird: „Die Möglichkeiten der steuerbegünstigten Gehaltsumwandlung für Zusatzpensionen soll auch in Österreich allen zur Verfügung stehen.“
Ob und wann dafür die Gesetze geändert werden, steht in den Sternen. Wer sich nicht allein auf seine gesetzliche Pension verlassen will, muss selbst aktiv werden. Der erste Schritt ist die jährliche Überprüfung der Entwicklung des eigenen Pensionskontos. Auf den ersten Blick erscheinen die bereits erworbenen Ansprüche oft ziemlich klein. Das im Hintergrund angesparte Pensionsguthaben ist aber in der Regel durchaus nennenswert.
Dazu ein Beispiel: Das Pensionskonto einer Frau weist den bereits angesparten Pensionswert von monatlich 1.000 Euro auf. Das entspricht einer Gesamtsumme an künftigen Pensionszahlungen während der rund 25-jährigen statistischen Lebensdauer im Ruhestand von immerhin 350.000 Euro (1000 Euro mal 25 Jahre mal 14 Zahlungen im Jahr). Dieser Wert erhöht sich bis zum Pensionsantritt durch Beiträge aus Berufstätigkeit und die jährlichen Aufwertungen.
Übrigens: Die Pensionskonto-Verzinsung von 6,3 Prozent zum Jahreswechsel 2024/25 entspricht im Beispielsfall erstaunlichen 22.000 Euro. Tatsächlich sind unselbstständige Frauen im Jahr 2023 mit durchschnittlich 1.491 Euro Erstpension in den Ruhestand getreten. Das entspricht einem statistischen Pensionsguthaben von mehr als einer halben Million Euro. Männer erreichen im Durchschnitt rund 600.000 Euro.
"Die steuerbegünstigte Gehaltsumwandlung für eine zusätzliche Pension sollte jeder machen können."
HUNDERTTAUSEND EURO. Wer im Alter privat für eine spürbare Zusatzpension ansparen will, kommt mit ein paar Tausender nicht weit. Richtig helfen werden sechsstellige Beträge. Wie aber können etwa 100.000 Euro angespart werden? Eines vorweg: Ohne anständige Verzinsung des Guthabens wird das private Vorsorgeprojekt schwer gelingen. Mit Hilfe der erstaunlichen Wirkung des Zinseszinses ist das Vorhaben viel leichter erreichbar.
Wer in 30 Jahren 100.000 Euro besitzen will, müsste bei null Prozent Zinsen monatlich 278 Euro zurücklegen. Bei fünf Prozent Rendite kommt man mit 122 Euro im Monat aus. Mit breit gestreuten Aktienfonds waren fünf Prozent Rendite in der Vergangenheit keine große Hürde, wie der Echttest mit dem bereits seit 1961 bestehenden Weltaktienfonds DWS ESG Akkumula (ISIN DE0008474024), zeigt (die Abkürzung ESG als Zeichen einer nachhaltigen Veranlagung wurde erst später hinzugefügt). Aus 100 Euro Monatsrate in einen Akkumula-Fondsparplan wurden in den vergangenen 30 Jahren insgesamt 138.000 Euro. Spesen für den Fondskauf sind schon eingerechnet. Die KESt noch nicht, aber dafür wäre bei 138.000 Euro genug Spielraum, um die 100.000er-Marke auch netto zu erreichen.
GESUCHT: DAS GUTE PRODUKT: Natürlich kann man auch mit Einzelaktien versuchen, zum Ziel zu kommen. Eine gute Streuung ist aber am ehesten mit weltweit anlegenden Fonds zu erreichen. Entweder sucht man nach einem guten Produkt mit aktivem Fondsmanager oder man wählt einen ETF-Fonds auf einen Weltaktienindex wie den MSCI World aus. Diese gibt es auch in nachhaltigen Varianten. Christoph Obererlacher, Chef der Swiss Life Select Österreich: „Man kann mit Sparplänen zum Beispiel auch Megatrends abdecken. Es sind sowohl beim Fondssparen Lösungen mit Wertpapierdepot oder mittels fondsgebundener Lebensversicherung möglich. Bei einem Versicherungsmantel bleiben die Erträge der Fonds steuerfrei. Hier kann man bei manchen Anbietern Kosten sparen, in dem man ETF's in das Konzept integriert und somit kostengünstiger und KESt-frei investiert.“
"Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen bleiben die Erträge der Fonds steuerfrei."
Empfehlenswert sind Polizzen mit laufender Provision und nicht die klassischen Varianten, bei denen die gesamte Provision gleich am Anfang abgezogen wird. Bei laufenden Provisionen ist vor allem bei vorzeitiger Kündigung der Rückkaufswert deutlich höher. Bei einigen Anbietern von Fondspolizzen kann man auch ETF auswählen, zum Beispiel bei der Wiener Städtischen oder der Helvetia. Severin Denk, Fondspolizzen-Experte der Helvetia: „Wir haben 240 Fonds zur Auswahl, darunter einige ETF. Gerade bei längeren Veranlagungszeiträumen ab zehn bis 15 Jahren ist das Verlustrisiko von Aktien gering. Generell ist es wichtig, Geld für die Pension anzusparen. Aber es ist auch wichtig, das Geld wirklich ertragreich arbeiten zu lassen.“
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