„Nachhaltigkeit bleibt ein Megatrend“

Robert Zadrazil, CEO UniCredit Bank Austria
Robert Zadrazil, CEO der UniCredit Bank Austria, ist überzeugt, dass die aktuell schwierige Situation auch große Chancen birgt und rät zu Umsicht bei der Geldanlage.

Die Wendezeit ist auch eine große Herausforderung für die heimischen Banken. Robert Zadrazil, CEO der UniCredit Bank Austria, spricht im Interview über den Krieg in der Ukraine, die Inflation und seine Pläne für die Zukunft.

Krieg, eine hohe Inflation, eine noch nicht überstandene Pandemie – verliert man angesichts der aktuellen Herausforderungen als Chef einer der größten Banken in Österreich nicht den Optimismus?

Robert Zadrazil: Der Krieg in der Ukraine bringt in erster Linie sehr großes Leid für die Zivilbevölkerung mit sich und ist eine furchtbare humanitäre Katastrophe. Er wirkt sich auch auf vielen Ebenen negativ auf die Wirtschaft aus – für Konsumenten ebenso wie für Unternehmen. Insbesondere stellt die aktuelle Situation die traditionelle Energieversorgung dramatisch auf den Prüfstand. Diesem Krieg ist nichts Positives abzugewinnen. Nur wie die Pandemie kann nun auch der Krieg Auslöser und Weckruf für notwendige Veränderungen in unserer Wirtschaft und Gesellschaft sein. Die Pandemie wirkte unzweifelhaft als Turbo für Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Der Krieg wird nun die Energiewende beschleunigen müssen, aus einer schlichten Not heraus, um sich von russischen Energielieferungen unabhängig zu machen. Und der Finanzwirtschaft wird bei dieser Transformation hin zu einer nachhaltigen und klimaschonenden Wirtschaftsweise eine zentrale Funktion zukommen. Daher gilt es für uns als führende Geschäftsbank des Landes auch weiterhin als oberste Maxime, unsere Privat- und Unternehmenskunden mit unserem Beratungs-, Produkt- und Serviceangebot umfassend dabei zu unterstützen, Österreich gemeinsam zukunftsfit zu machen.

Wie gut schlägt sich die Bank Austria in diesem Umfeld?

Trotz dieser unruhigen Zeiten haben wir uns gut positioniert. Insbesondere dürfen wir weiteres Wachstum und Investitionen in Zukunftsthemen nicht aus den Augen verlieren. Für uns ist die Lenkung der Geldströme in zukunftsträchtige und klimaschonende Industrien die zentrale gemeinsame Herausforderung der Zukunft. Unsere Bank setzt daher insbesondere Schwerpunkte rund um nachhaltige Finanzierungen und Veranlagungen und hilft Unternehmen wie Privatkunden gezielt dabei, sich nachhaltig und klimaschonend aufzustellen.

In welchen Geschäftsbereichen lässt sich hier für eine Bank überhaupt noch Geld verdienen?

In erster Linie geht es dabei um ein tragfähiges Geschäftsmodell. Wir sind die führende Firmenkundenbank des Landes und sehr stark im Private Banking, diese Geschäftsfelder sind auch weiterhin sehr erfolgreich. Digitalisierung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind für uns als Bank seit langem umfassende strategische Megathemen in allen Bereichen. Dabei unterstützen wir unsere Kunden in diesen herausfordernden Zeiten nicht nur bei der Lösung akuter Fragen. Mit unserem breiten Beratungs-, Produkt- und Serviceangebot helfen wir den Unternehmen und unseren Privatkunden gezielt dabei, sich nachhaltig und klimaschonend aufzustellen. Ich sehe das auch als Beitrag dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft innerhalb der EU zu sichern sowie den Wohlstand und die hohe Lebensqualität der Menschen in diesem Land zu erhöhen.

Ist es nicht gerade jetzt eine besondere Herausforderung die Bank-Kunden bei Laune zu halten?

Als modernes Finanzdienstleistungsunternehmen arbeiten wir angesichts einer beschleunigten Digitalisierung sowie deutlich vereinfachter Abläufe intensiv daran, das Kundenerlebnis weiter zu verbessern und insbesondere die Bereitschaft unserer Kunden zu erhöhen, uns weiterzuempfehlen.

Was können Sie Kunden derzeit überhaupt noch anbieten, um zumindest den Geldwert ihrer Ersparnisse zu erhalten?

Auch nach den angekündigten Zinserhöhungen der EZB wird es mit traditionellen Sparbüchern nicht möglich sein, die herrschende Inflation zu kompensieren. Diese Situation ist aber nichts Neues und war auch in den letzten Jahren in einem Umfeld negativer Zinsen die Realität. Daher gilt es mit Augenmaß und einem kalkulierbaren Risiko die Chancen der Kapitalmärkte zu nützen und vor allem auf professionelle Beratung zu vertrauen, um keine vermögensgefährdenden Fehltritte zu begehen.

Der österreichische Leitindex ATX büßte seit Jahresbeginn um knapp 13 Prozent ein. Der US-Index S&P 500 sogar mehr als 13 Prozent. Ist jetzt wirklich die Zeit Geld an der Börse zu veranlagen?

Die seriöse Aufklärung über die Volatilität der Märkte und Auswirkungen von Krisen auf die Finanzmärkte sind in unserer Bank seit vielen Jahren unverzichtbarer und fundamentaler Bestandteil jedes Beratungsgesprächs zur Vermögensveranlagung. Wir können mit einer fundierten Risiko-Ertrags-Analyse ganz genau zeigen, welche Konsequenzen etwa die Dotcom-Blase nach der Jahrtausendwende, die Finanzkrise 2008 oder auch aktuell die Corona-Krise auf gewählte Veranlagungslösungen haben. Aus meiner Sicht sollten jeder Investor und jede Investorin an der Börse zwei wesentliche Erfolgsfaktoren für den Veranlagungserfolg beherzigen: erstens eine breite Streuung der Investments, um Risiken zu reduzieren, und zweitens die Wahl eines langfristigen Veranlagungshorizonts, um kurzfristige Rückschläge kompensieren zu können.

Jetzt kommen auch noch zwei Zinsanhebungen der EZB. Wird das die Börsenstimmung nicht weiter trüben?

Der Markt hat bereits Zinsschritte der EZB bis über zwei Prozent eingepreist. Die Zinserhöhungen der EZB sind einerseits notwendig, um die hohe Inflation zu bekämpfen, andererseits aber auch, um den Zinserhöhungen der FED in den USA etwas entgegenzusetzen, da sonst die Geldströme in Richtung USA gehen. Natürlich hat das auch kurzfristig Auswirkungen auf die Börsenkurse, aber langfristig zählt in erster Linie eine Stabilisierung des wirtschaftlichen Umfelds zu den wichtigsten Aufgaben der Notenbanken. Denn auch Unternehmen brauchen langfristig ein stabiles makroökonomisches Klima, um sich gut entfalten zu können.

In den letzten Jahren wurde auch von der UniCredit Bank Austria das Thema „grüne“ Geldanlage getrommelt. Hat sich hier angesichts der Energiekrise und auch des Krieges in der Ukraine das Mindset nicht wieder hin Richtung konventioneller Anlageformen verschoben?

Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit und generell alle Themen des ESG-Spektrums (also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) nicht nur kurzfristig, sondern vor allem für die nächsten Jahrzehnte über Erfolg oder Misserfolg von Geschäftsmodellen entscheiden werden. Bei kapitalmarktnahen Unternehmen sind es vor allem die Investoren, die Druck machen und eine glaubwürdige ESG-Strategie einfordern. Unternehmen, die Umweltstandards und andere ESG-Vorgaben nicht erfüllen, werden daher in Zukunft einen deutlich erschwerten Zugang zu Kapital haben.

Wie können sich die Anleger darauf verlassen, dass in den Fondsprodukten, wirklich Grün drin ist, wo Grün drauf steht?

Bei Investmentfonds arbeiten wir mit einer ganzen Reihe von bewährten Kontrollmechanismen – angefangen bei der Auswahl renommierter internationaler Fondspartner. Bei vielen Investmentfonds bieten zusätzlich auch seriöse Gütesiegel wie das Österreichische Umweltzeichen Orientierung. Wichtig sind zudem einheitliche Standards im Rahmen der EU-Taxonomie: Diese Regeln sollen einen Beitrag zu mehr Transparenz und Vertrauen leisten – indem sie Standards für die gesamte Finanzbranche setzen und einen klaren Kriterienkatalog definieren, welche Investitionen als nachhaltig und „grün“ gelten und welche nicht.

Wäre es nach den letzten Vorfällen in den USA und Deutschland nicht auch an der Zeit, dass Greenwashing strenger kontrolliert wird?

Auf jeden Fall, für unsere Bemühungen ist es essenziell, dass es einheitliche Spielregeln gibt, an die sich alle Marktteilnehmer halten müssen.

Welche wichtigen Finanztrends sehen Sie in den nächsten Jahren?

Wenn Sie Veranlagungen ansprechen, sehe ich gerade in bewegten Zeiten das Thema Sicherheit als ganz wesentliches Kriterium. Selbstverständlich entscheidet jeder Anleger und jede Anlegerin selbst, wie viel Risiko sie eingehen wollen. Aus meiner Sicht werden aber qualifizierte Beratung und ein professionelles Management von Vermögen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben, vor allem für Menschen, die selbst nicht ausreichend Zeit und Wissen über die Finanzmärkte haben. Da kann man durchaus von vielen sehr wohlhabenden Menschen lernen, die in erster Linie auf Vermögenserhalt setzen und vor allem spekulative Fehltritte zu vermeiden suchen. Zudem werden wie gesagt Nachhaltigkeit und Digitalisierung Megatrends bleiben, die weiterhin große Auswirkungen auf die Finanzindustrie haben und für die größten Veränderungen sorgen werden.

Stephan Scoppetta

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