Der Wert des Kunden

Der Wert des Kunden
Besonders für Banken und Versicherungen sind gute Beziehungen zu ihren Kunden ein wichtiges Asset. Hier gilt es, bei der Beziehungspflege nichts dem Zufall zu überlassen.

In einer Phase der EZB-Nullzinspolitik und angesichts zahlreicher Vergleichsportale wird es für Banken und Versicherungen immer schwieriger, über Konditionen Neukunden zu gewinnen. Grund: Die Konditionen unterschieden sich aufgrund der aktuellen Zinslandschaft nur in der zweiten Nachkommastelle. Hinzu kommt, dass immer mehr technologiegetriebene Player auf den Finanzmarkt drängen. Für Banken und Finanzdienstleister wird es zunehmend schwieriger und somit auch teurer, Neukunden zu gewinnen. Im Rahmen der FMVÖ-Recommender-Gala diskutierten Experten der Unternehmensberatungsunternehmen Simon-Kucher & Partners, EFS Consulting und des Technologieriesen Fujitsu über Kundenbindung in Zeiten der digitalen Wende und schwieriger Rahmenbedingungen.

Der Wert des Kunden

Kundenwert im Fokus

Jens Baumgarten und Christoph Stegmeier, Senior Partner bei Simon-Kucher & Partners, sind der Meinung, dass Banken und Versicherer den Kundenwert aktiv managen und ihre Strategien und Prozesse konsequent darauf ausrichten müssen: „Erfolgskritisch sind dabei unter anderem eine wertorientierte Segmentierung, differenzierte Angebote, Preise und optimierte Customer Journeys, insbesondere für die sogenannten „magic moments“ Bei digitalen Banken stehen Kunde und Customer Experience quasi per Definition im Mittelpunkt des Angebots. Dies allerdings in positiven Kundenwert, also Customer Lifetime Value, umzumünzen, ist bisher nur wenigen Anbietern gelungen.“ Für Simon-Kucher & Partner zeigt sich in der täglichen Beratung, dass es bei Banken und Versicherungen letztendlich um drei große Themen geht, um den Wert des Kunden zu steigern: Effizienz in der Akquise, Kundenbindung und den Wert des Kunden weiterentwickeln. Baumgarten: „Banken, die den Wert des Kunden schon in der Vergangenheit in den Mittelpunkt gestellt haben, performen heute deutlich besser als die Mitbewerber. Zudem sehen wir, dass gute Finanzdienstleister auch im Service sehr genau darauf achten, gute Kunden mit Extras zu belohnen und auch einen Teil des Wertes, den der Kunde einbringt, anzuerkennen. Dadurch lassen sich deutlich stabilere Beziehungen zu ihren Top-Kunden aufbauen.“

Der Wert des Kunden

Ein beliebter Fehler bei der Kundensegmentierung ist, dass zu sehr auf den aktuellen Status quo und viel zu wenig auf das Zukunftspotenzial der Kunden geachtet wird. Baumgarten: „Man sollte aber vorwärtsgerichtet segmentieren, denn nur so lassen sich zukünftige Potenzialkunden erkennen und entsprechend servicieren. Auch angesichts der aufkeimenden Konkurrenz aus dem Technologiesektor sollten die traditionellen Banken hier schnell umdenken. Christoph Stegmeier, Senior Partner bei Simon-Kucher & Partners fokussiert in seiner aktuellen Arbeit Neobanken. Weltweit gibt es bereits 400 Neobanken, die rund eine Milliarde Kunden be-treuen. Diese Banken haben mittlerweile eine Bewertung von 300 Milliarden Euro. Zwar sind aktuell erst fünf Prozent dieser jungen technologiegetriebenen Banken profitabel, aber sie werden zunehmend zu einem erstzunehmenden Faktor in der Finanzbranche. Stegmeier: „Diese jungen Unternehmen wissen die Kundendaten meist richtig einzusetzen und haben auch die Offenheit, mit ihren Dienstleistungen über den Finanzsektor hinaus zu denken.“ Allerdings: Obwohl bei den digitalen Banken Kunde und Customer Experience quasi per Definition im Fokus des Angebots stehen, ist es auch hier bisher nur wenigen Anbietern gelungen, dies in einen positiven Kundenwert, einen Customer Lifetime Value umzumünzen.

Der Wert des Kunden

Integrierte Managementsysteme

Für Jürgen Leitner, Partner bei der EFS Consulting Unternehmensberatung, lässt sich mit integrierten Managementsystemen ein Mehrwert erzielen, wodurch der „Wert des Kunden“ erhalten bleibe: „In einem Dickicht an Managementsystemen und Reporting-Pflichten laufen wir Gefahr, den Blick für das Wesentliche – den Kunden – zu verlieren.“ Integrierte Managementsysteme ermöglichen, Synergien zu nutzen und wertvolle Ressourcen wieder für kundenzentriertes Arbeiten frei zu machen. Und: Die verschiedenen Managementsysteme sind hinsichtlich der Prozesse und Abläufe vergleichbar und auch die Datenbasis ist ähnlich. Leitner: „Werden die Systeme jedoch dezentral in den verantwortenden Bereichen mit Daten, die individuell erhoben und aufbereitet werden, versorgt, bleiben Synergien ungenutzt.“ Dabei könnten integrierte Managementsysteme helfen, Standardprozesse effizienter und effektiver zu gestalten und somit mehr Zeit – mehr Wert – für Kunden zu haben.

Auch die Technik zählt

Pavel Horáček, Digital Transformation Executive für den Financial Services Sector bei Fujitsu Technology Solutions, fokussierte in seinem Vortrag auf innovative Lösungen, mit denen sein Unternehmen Finanzinstitute bei der Ansprache ihrer Kunden unterstützen könne. So habe man mit dem Digital Annealer eine Vorstufe eines Quantencomputers auf den Markt gebracht: „In der Kombination mit künstlicher Intelligenz bieten sich damit völlig neue Möglichkeiten, um Kunden beinahe „in real time“ und mit völlig anderer Granularität zu verstehen, zu bedienen und zu betreuen – und zwar proaktiv und treffsicherer.“

Darüber hinaus will Fujitsu auch zu aktuellen Themen einen Beitrag leisten. Horáček: „Wir freuen uns daher, dass wir bei einer FMVÖ-Fujitsu Abendveranstaltung im Herbst wieder mit zwei hochkarätigen Experten unsere eigenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen validieren beziehungsweise kalibrieren können.“ Geladen werden Gabriel Felbermayr vom WIFO, ein führender Experte für Weltwirtschaft, und Martin Schulz, Chef-Ökonomen von Fujitsu Tokyo. Beide werden neue Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen der Pandemie vorstellen und einen Ausblick wagen. Interessierte sind jetzt eingeladen, sich für die FMVÖ-Fujitsu Abendveranstaltung Mitte Oktober anzumelden.

Stephan Scoppetta

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